Wien - Der neue SP-Budgetsprecher Christoph Matznetter erwartet heuer ein "Sparpaket" von Finanzminister Karl-Heinz Grasser im Ausmaß von mehr als einer Milliarde Euro. Grasser wolle, wie in den Sondierungsrunden bestätigt worden sei, wieder ein gesamtstaatliches Defizit von einem Prozent wie 2002 erreichen. Matznetter hält diesen Sparkurs für verfehlt: "Das kommt zum falschen Zeitpunkt und ist außerdem völlig unrealistisch."

In der Kombination mit dem für 2004 neuerlich angestrebten Nulldefizit sieht Matznetter eine Konjunkturbremse ersten Ranges. Erst 2005 sei von Grasser als Jahr für Steuerentlastungen genannt worden. Matznetter wirft dem Finanzminister vor, nicht nur "prozyklisch" zu handeln, also statt in der jetzigen Flaute gegenzusteuern, just zum Zeitpunkt des erwarteten Konjunkturhöhepunktes Entlastungsschritte zu setzen. "In Wirklichkeit" komme die Steuerreform 2005 wegen des nächsten Wahltermins 2006.

Unrealistisch sei Grassers Plan für heuer deshalb, weil sich die angepeilten Sparmaßnahmen angesichts des "Stillstandes seit dem Kollaps der FPÖ" zeitlich nicht umsetzen ließen. Um das Defizit von den "drohenden" 1,6 Prozent bei einem Prozent zu halten, fehlte nach Abzug der gekürzten Ermessensausgaben noch immer eine runde Milliarde.

Nur ein Teil werde eingespart werden, indem Grasser die Länder wieder zu höheren Überschüssen "erpresst". Aus dem angedachten verschärften Personalabbau im öffentlichen Dienst sei aufgrund langer Vorlaufzeiten kein Spareffekt zu erwarten. Auch sei "zweifelhaft", ob sich der 20- prozentige Selbstbehalt im Gesundheitsbereich noch heuer umsetzen lasse und "wirklich Geld bringt". Ähnliches gelte für eine Gebührenerhöhung, die frühestens ab dem 1. Juli denkbar sei.

Matznetter: "Den Zauberstab haben wir nicht. Mit jeder Woche, die vergeht, läuft uns die Zeit davon." Was der roten Führungsriege in ihrer Ablehnung eines Sparpaketes konsequenterweise nicht ungelegen kommen dürfte. Matznetter plädiert weiter für eine auf heuer vorgezogene Entlastung der Klein- und Mittelbetriebe sowie der Bezieher kleiner Einkommen im Ausmaß von einer Milliarde Euro. Zwar steige dann formal das Defizit auf über zwei Prozent. Konjunkturmaßnahmen könnten aber nach neuer Brüsseler Betrachtungsweise struktureller Defizite herausgerechnet werden. Letztlich hänge alles vom Gelingen einer echten Bundesstaatsreform ab.

Zur Frage, ob sich die SPÖ mit ihrer Kritik an Grasser nicht endgültig aus dem Koalitionsrennen nehme, sagt Matznetter: "Wir sind nicht erpressbar." (DER STANDARD, Print-Ausgabe vom 5.2.2003)