"Das Null-Hunger-Programm ist so komplex wie der Feind, den es zu besiegen gilt", sagte Luís Inácio "Lula" da Silva vor wenigen Tagen. Der Kampf gegen den Hunger sei die "Mission seines Lebens", hatte Brasiliens Präsident bereits bei seiner Amtseinführung am Neujahrstag verkündet. Auf dieses Ziel will er seine gesamte Politik ausrichten.
In Guaribas und Acauã, zwei abgelegenen Städten im armen Nordosten, bekommen am Montag 716 arme Familien eine Magnetkarte ausgehändigt, mit der sie monatlich 13 Euro für den Kauf von Lebensmitteln abheben können. Es ist der Startschuss für ein Programm, das in den nächsten vier Jahren 40 Mio. Brasilianern zugute kommen soll, die in Armut leben.
Es verbinde Notmaßnahmen mit strukturellen Veränderungen, sagte Lula: "Wenn wir nicht gegen die Ursachen des Hungers angehen, wird er immer wiederkommen." Für den Kauf von Lebensmitteln will die brasilianische Regierung in diesem Jahr 1,3 Mrd. € bereitstellen, hinzu kommen Gelder aus den Etats der Bundesstaaten und Kommunen, Spenden von Unternehmen und Kredite der Weltbank.
Langfristig werde das Elend nur durch Investionen im Bildungswesen, dem Wohnungsbau, der Wasserversorgung sowie der Abwasser- und Müllentsorgung beseitigt, sagt Zilda Arns von der katholischen Kinderpastoral. João Pedro Stedile von der Landlosenbewegung MST betont die Bedeutung einer Landreform und einer "neuen Wirtschaftspolitik" mit dem Ziel einer anderen Einkommensverteilung: "Das Volk will keine Almosen, es will Arbeit."
Die Regierung kann an zahlreiche Sozialprogramme von Lulas Vorgänger Fernando Henrique Cardoso anknüpfen, etwa an das Schulstipendium Bolsa-Escola. Bis August soll ein stimmiges Konzept für das ganze Land ausgearbeitet sei, verspricht José Graziano, Minister für Ernährungssicherheit und Hungerbekämpfung.
Lulas Team hat den Januar genutzt, um die Bündnisse mit Parteien der Mitte zu festigen - Lulas Arbeiterpartei kommt nicht einmal auf ein Fünftel der Sitze im Kongress. Nun zeichnet sich in beiden Kammern eine absolute Mehrheit für die Regierung ab. Die ist nötig, um die großen innenpolitischen Reformen für 2003 zu bewältigen: den Umbau des Rentensystems, die Steuerreform und die Modernisierung der Arbeitsgesetzgebung. (DER STANDARD, Print-Ausgabe vom 3.2.2003)