Cape Canaveral - Wieder und wieder ruft das Kontrollzentrum der NASA den "Columbia"-Kommandanten Rick Husband, erst auf der einen, dann auf einer anderen Funkfrequenz. Aber aus dem All kommt nur Schweigen, das sich ins Endlose erstreckt bis zur schrecklichen Gewissheit: Es gibt keine Hoffnung mehr, die Raumfähre und ihre sieben Astronauten sind verloren.

Das Ende des 113. Flugs einer Raumfähre seit 1981 beginnt mit der üblichen Routine. Mit einer Geschwindigkeit von 26.390 Kilometern in der Stunde überfliegt die "Columbia" kurz vor 15.00 Uhr die kalifornische Küste in Richtung Osten. Auf den Kontrollsitzen ganz vorn überwachen Kommandant Husband und Pilot William McCool den Landeanflug, umgeben von Computerbildschirmen mit Messanzeigen. Direkt hinter McCools rechter Schulter sitzt die Ärztin Laurel Clark, neben ihr die Astronautin Kalpana Chawla. In der dritten Reihe sind die drei übrigen Astronauten platziert, Michael Anderson, David Brown und der israelische Luftwaffenpilot Ilan Ramon.

"Nur" Temperaturrückgang

Im Kontrollzentrum Houston hält James Hartsfield die Journalisten über die Fortschritte des Landeanflugs auf dem Laufenden. Routiniert spult er Geschwindigkeit, Höhe und Entfernung zum Ziel ab. Er berichtet, wie die "Columbia", gesteuert vom Autopiloten, in die immer dichtere Erdatmosphäre eintritt und ihr erstes Bremsmanöver absolviert.

Um 08.53 Uhr registrieren die Flugingenieure einen plötzlichen Temperaturrückgang im Hydrauliksystem der linken Tragfläche. Die Temperatursensoren der Tragfläche fallen aus. Drei Minuten später gibt es auch keine Daten mehr von den Temperatursensoren des linken Hauptfahrwerks. Das Kontrollzentrum schickt daraufhin eine Botschaft zu einem Computerschirm im Cockpit der "Columbia". Die Besatzung bestätigt den Empfang der Mitteilung, ist aber nach den Worten von Flugdirektor Milt Heflin zu diesem Zeitpunkt noch überzeugt, dass es keine Probleme gibt. Solche Ausfälle von Messwerten sind auch bei früheren Flügen schon vorgekommen.

Auch Hartsfield setzt seine Routinemeldungen fort: Die "Columbia" überquert mit 21.240 Kilometern in der Stunde - 18fache Schallgeschwindigkeit - in einer Höhe von 64.000 Metern die Grenze zwischen New Mexico und Texas. Noch 2.250 Kilometer und weniger als 20 Minuten bis zur Landung auf dem Kennedy-Raumfahrtzentrum in Cape Canaveral.

"Uh, buh ..."

Funker Charlie Hobaugh unterbricht das beim Landeanflug übliche Schweigen und ruft um 08.59 Uhr die Besatzung: "Columbia, Houston. Wir haben Eure Luftdruckmitteilung gesehen, aber keine Kopie der letzten Daten." Aus 62 Kilometern Höhe kommt die Antwort von Kommandant Husband: "Roger. Uh, buh..." Der Funkverkehr endet abrupt, die letzten Worte werden nicht mehr gesendet.

Dann reißt auch der Datenstrom von der "Columbia" zum Kontrollzentrum in Houston ab. Die Uhr zeigt 09.00 Uhr. "Da begannen wir zu ahnen, dass wir einen schlechten Tag hatten", sagt Flugdirektor Heflin. Hartsfield erklärt mit äußerlich ruhiger Stimme: "Die Flugingenieure versuchen, wieder in Kommunikation mit dem Raumschiff zu treten." Mit dem professionellen Tonfall des Luftfahrtveterans ruft Hobaugh die "Columbia"-Besatzung: "Columbia, Houston. Com check." Com ist die Abkürzung für "Communication". Schweigen. Hobaugh versucht es erneut, diesmal auf einem anderen Frequenzband. "Columbia, Houston. UHF com check." Schweigen - ebenso wie bei vier weiteren Versuchen.

Hartsfield berichtet den Journalisten: "Die Flugkontrolle erwarten auf C-Band Daten der Radarstation Merritt Island." Aber statt dessen treffen aus Kalifornien, Texas und Arkansas Meldungen ein, dass beim Flug der "Columbia" am hohen Himmel Lichtblitze und sich lösende Teile beobachtet wurden. Immer wieder erklärt der NASA-Sprecher, dass das Kontrollzentrum "Columbia" ruft, nach "Columbia" sucht. "Es gab nichts, was wir sonst tun konnten", sagt später ein Ingenieur des Kontrollzentrums. Auf dem Kennedy-Raumfahrtzentrum wird die Flagge auf Halbmast gesetzt. (APA/AP)