Typisch spanisch ist das, was beim Thema Abtreibung auf der iberischen Halbinsel passiert. Das Gesetz aus dem Jahre 1985 ist alles andere als liberal. Ein Abbruch ist nur nach einer Vergewaltigung (12 Wochen), bei Verdacht auf Missbildung des Embryos (22 Wochen) oder bei Gefahr für die körperliche und seelische Gesundheit der werdenden Mutter (ohne Begrenzung) zulässig. Eine soziale Indikation gibt es nicht. Dennoch hat sich Spanien zum Land für "Abtreibungstourismus" entwickelt, denn es ist leicht, eine psychologische Indikation zu erhalten.

Die großzügige Praxis wird allgemein geduldet. Doch Klinikdurchsuchungen in den vergangenen Monaten zeigen: Die Ärzte und Ärztinnen leben mit ihrer kulanten Auslegung der gültigen Regelung gefährlich. Zu leicht ist es, ihnen Gefälligkeitsindikation vorzuwerfen. Eine Klinik in Barcelona wurde deshalb Ende November geschlossen. Vergangene Woche streikten rund 50 Privatkliniken gegen "die Hexenjagd".

90 Prozent der rund 100.000 Abbrüche pro Jahr werden auf Grundlage einer psychologischen Indikation vorgenommen. (Reiner Wandler, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 15. Jänner 2008)