Teilzeitbeschäftigte sind mit ihrer sozialen Position und ihrem Einkommen zunehmend unzufrieden.
MATTHIAS RIETSCHEL

Wien - Österreichs ArbeitnehmerInnen sind derzeit so zuversichtlich wie noch nie. Teilzeitarbeitende Frauen werden allerdings immer unzufriedener: Negativ bewertet werden Einkommen, Sozialleistungen und Arbeitszeiten. Das belegt der jüngste Arbeitsklima-Index der Arbeiterkammer (AK) Oberösterreich, der am Freitag in Wien präsentiert wurde. Insgesamt herrscht bei den Beschäftigten aber Zufriedenheit. Der Arbeitsklima-Index kletterte seit dem Frühjahr von 111 auf 112 Punkte.

20 Prozent in Teilzeitstellen

Rund 20 Prozent der unselbstständigen Beschäftigten in Österreich arbeiten als Teilzeitkräfte, vor zehn Jahren waren es noch 15 Prozent. Teilzeitarbeit ist vorwiegend Frauensache, von den rund 790.000 Teilzeitbeschäftigten sind 670.000 Frauen. In den vergangenen Jahren waren teilzeitbeschäftigte Frauen meist zufriedener mit ihrem Job als Vollzeitbeschäftigte. Nun hat sich das Bild umgekehrt, geht aus dem Arbeitsklima-Index hervor.

Unvorteilhafte Arbeitszeiten

Das Hauptargument für Teilzeitarbeit, nämlich vorteilhaftere Arbeitszeiten, wird heute deutlich kritischer gesehen. Die Zufriedenheit mit den Arbeitszeiten ist in den vergangenen sieben Jahren um 16 Prozentpunkte gesunken. Derzeit sind nur 45 Prozent mit ihrer Arbeitszeit "sehr zufrieden".

Unzufriedenheit bei Löhnen

Auch bei der Einkommenszufriedenheit ergeben sich gravierende Unterschiede zwischen Frauen in Voll- und Teilzeit, letztere fallen stark zurück: Während vor sieben Jahren noch 66 Prozent aller Frauen mit dem Einkommen zufrieden waren, sind heute nur mehr 54 Prozent der Teilzeitkräfte dieser Meinung. Bei Vollzeitbeschäftigten hat sich hingegen kaum etwas verändert.

Die Unzufriedenheit der Teilzeitbeschäftigten hat weitere Ursachen. So sind sie sowohl mit ihren Rechten als auch mit der sozialen Position als Arbeitnehmerinnen weitaus weniger zufrieden als noch im Jahr 2000. Die teilzeitbeschäftigten Frauen sind auch mit ihrer unmittelbaren beruflichen Tätigkeit vergleichsweise unzufriedener. Seit dem Jahr 2000 ist die Zufriedenheit von 88 auf 84 Prozent gesunken. Zum Vergleich: Bei Vollzeitbeschäftigten ist die Zufriedenheit um drei Prozentpunkte auf 89 gestiegen.

ArbeitnehmerInnen hoffen auf gute Konjunktur

Insgesamt sind die ArbeitnehmerInnen in Österreich so zuversichtlich wie nie zuvor: Seit dem Frühjahr ist der Arbeitsklima-Index von 111 auf 112 Punkte gestiegen und hat damit einen neuen Rekordwert erreicht. Die Gründe dafür liegen unter anderem in der guten Konjunktur. Sowohl die wirtschaftliche Zukunft Österreichs als auch die des eigenen Betriebes werden als gut bewertet.

Die individuellen Vorteile halten sich allerdings in Grenzen. Während die Wirtschaft auf Hochtouren läuft, können die ArbeitnehmerInnen nur wenig persönliche Vorteile erkennen. Vor allem stagniert die Zufriedenheit mit dem Einkommen.

Überqualifizierte ArbeiterInnen

Fachkräfte arbeiten oft als Hilfskräfte. Auch das belegen die Daten des Arbeitsklima-Index. Mehr als ein Drittel der ArbeiterInnen mit abgeschlossener Lehre sind nur als einfache Arbeiter beschäftigt und das habe schlimme Folgen für ihre Motivation, heißt es. Diese Gruppe weist mit 99 Indexpunkten einen sehr niedrigen Arbeitsklima-Index auf, während FacharbeiterInnen 106 Indexpunkte erreichen. Vor allem das Einkommen macht den unter dem eigenen Ausbildungsniveau Beschäftigten zu schaffen. Nur 49 Prozent sind mit ihrem Einkommen zufrieden. Dass sich ihre Situation bessern könnte, daran glauben die wenigsten der Dequalifizierten. Nur 38 Prozent sind mit den Entwicklungsmöglichkeiten zufrieden, rund 60 Prozent sind der Meinung, ein neuer, passender Job sei sehr schwer zu finden.

Prammer: "Alarmsignal"

Das Ergebnis des am Freitag veröffentlichten Arbeitsklima-Index solle für alle ein Alarmsignal sein, betonte die SPÖ-Frauenvorsitzende Barbara Prammer. Politik, Wirtschaft und Sozialpartner seien jetzt gefordert, entgegenwirkende Maßnahmen zu setzen. Als Maßnahmen schlägt Prammer zum Beispiel vor: Recht auf Teilzeit bis zum Schuleintritt des Kindes, aber unbedingt verbunden mit dem Rückkehrrecht auf einen Vollzeitarbeitsplatz.

Der Ausbau von Kinderbetreuungseinrichtungen, das flexible Kindergeld oder der Mehrarbeitszuschlag von 25 Prozent für Teilzeitkräfte, wie es jüngst beschlossen wurde, seien Schritte in die richtige Richtung. Teilzeit sei leider immer noch eine wesentliche Beschäftigungsform für Frauen und das, obwohl 34 Prozent der Teilzeitbeschäftigten ihre Teilzeitarbeit nur als Notlösung bzw. als Übergangslösung ansehen.

Die Detailergebnisse des Arbeitsklima-Index müssten ein Weckruf für Wirtschaftsminister Martin Bartenstein sein, so SPÖ-Bundesgeschäftsführer Josef Kalina. Denn laut AK-Untersuchung arbeiten ein Drittel der ArbeitnehmerInnen mit abgeschlossener Lehre als einfache ArbeiterInnen. Bartensteins einziges Rezept gegen den Facharbeitermangel heiße 'Grenzen öffnen'. "Wir fordern von ihm, dass er das Potenzial am heimischen Arbeitsmarkt nutzt und weiterentwickelt", betonte Kalina in einer Aussendung. Denn dass so viele ArbeitnehmerInnen nach abgeschlossener Lehre nicht in ihrem erlernten Beruf arbeiten, zeige klar, wie notwendig eine Reform der Lehre sei. (APA)