Die Reihe "Halbstark" des Filmarchivs Austria, die sich mit dem Schaffen des 1917 in Wien geborenen Tressler befasst, meint, in solchen Ambiguitäten die Handschrift eines Autors ablesen zu können. Mit ihren "Jugendfilmen", zu denen noch Endstation Liebe und Unter 18 (Noch minderjährig) gehören, haben sich der Regisseur und seine Drehbuchautoren Will Tremper und Johannes Mario Simmel mit einer Gesellschaftsschicht beschäftigt, die damals noch keine richtige Zielgruppe war, aber schon auf ihr Freizeitvergnügen pochte.
Der Ort der Jugendlichen in diesen Filmen ist die Straße, auf der sie posieren, sich dem Einfluss ihrer Eltern entziehen und vom schnellsten Weg zum Geld träumen. Den großstädtischen Raum, ob in Berlin oder Wien, fängt Tressler mit einem fast dokumentarischen Blick ein - er dreht stets an Realschauplätzen. In Endstation Liebe (mit Horst Buchholz) verliebt sich das Pärchen beim nächtlichen Spaziergang, an Schaufensterfassaden vorbei, bis sie am Schrottplatz vom Dasein im fernen Amerika fantasieren.
Nicht zuletzt aus den USA bezieht Tresslers Kino sein Interesse an jugendlichen Helden. Die Straße ist fast immer verdächtig und wird von Anstandswauwaus bewacht. Unter 18 - den Paula Wessely produzierte und in dem sie eine engagierte Fürsorgerin verkörpert - zeigt, was passiert, wenn die naive Elfie an solchen Orten ihr Glück versucht und nicht in der ihr zugedachten Hemdenfabrik: Sie wird von den gierigen Blicken älterer Männer verfolgt, schafft es allenfalls zur Mätresse eines verheirateten Herrn. Aber noch hier bleibt Tressler uneindeutig: Der Film scheint um das Verlangen der Jugend nach Konsum genauso zu wissen wie um desolate Familienverhältnisse - nur findet er keine Lösung.