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Marie Jahoda

Foto: APA/Techt

Wien - Die Volksschule VBS (Vienna Bilingual School) Herbststraße in Wien-Ottakring wird nach der Pionierin der österreichischen Sozialforschung in "Marie Jahoda Schule" benannt. Bekannt wurde die Wissenschafterin Jahoda (1907-2001), die auch als große alte Dame der Sozialdemokratie galt, vor allem durch die 1933 gemeinsam mit ihrem damaligen Mann Paul Lazarsfeld und Hans Zeisel verfasste Studie "Die Arbeitslosen von Marienthal". Mit dem Thema Arbeitslosigkeit haben sich auch die Schüler in mehreren Projekten auseinander gesetzt.

Meilenstein der Sozialforschung

Jahoda wuchs in einer assimilierten jüdischen Bürgerfamilie auf. In ihrem Elternhaus wurde der Kontakt zu bedeutenden Intellektuellen intensiv gepflegt, der Sozialreformer Josef Popper-Lynkeus und der Literat Karl Kraus waren für sie "Familiengötter". Schon früh nahm sie an politischen und kulturellen Freizeitaktivitäten der Vereinigung Sozialistischer Mittelschüler teil, deren Obfrau sie im Alter von 17 Jahren wurde. Nach der Matura begann Jahoda 1926 an der Universität Wien Psychologie zu studieren und besuchte gleichzeitig das Pädagogische Institut der Stadt Wien. Im selben Jahr heiratete sie Lazarsfeld.

Berühmt wurde Jahoda durch die 1933 gemeinsam mit Lazarsfeld und Zeisel veröffentlichte Studie "Die Arbeitslosen von Marienthal". Es war dies die erste große empirische Studie über die Folgen langer Arbeitslosigkeit. Nach der Scheidung von Lazarsfeld 1934 leitete Jahoda bis 1936 die Österreichische Wirtschaftspsychologische Forschungsstelle, die sie als Mitglied der Revolutionären Sozialisten auch als Deckadresse für illegale politische Aktivitäten nutzte.

Zwangsemigration

1936 wurde sie auf Grund ihres politischen Engagements verhaftet und nach neun Monaten Gefängnis und ausländischen Interventionen mit der Auflage entlassen, binnen 24 Stunden Österreich zu verlassen. Jahoda, der man die österreichische Staatsbürgerschaft aberkannte, emigrierte nach Großbritannien. Bald führende Kraft der "Österreichischen Sozialisten in Großbritannien", wurde sie zur Gestaltung einer eigenen Sendung für Österreich, "Radio Rotes Wien", herangezogen.

Noch vor Ende des Zweiten Weltkrieges ging Jahoda in die USA, wo sie bei der Erforschung der Wurzeln des Antisemitismus mitwirkte und zwischen 1949 und 1958 an der Universität von New York Sozialpsychologie lehrte. 1958 kehrte Jahoda nach Großbritannien zurück und heiratete den Labour-Abgeordneten Austen Albu. Sie lehrte an der Brunel Universität Psychologie und ab 1965 bis zu ihrer Emeritierung im Jahr 1973 Sozialpsychologie an der Universität Sussex.

Späte Ehrung

Das Thema Arbeitslosigkeit stand weiterhin im Mittelpunkt ihrer Arbeit, zu dem sie zahlreiche Studien veröffentlichte. Ihren Lebensabend verbrachte Jahoda in ihrem Landhaus in Sussex.

Ihre ersten Auszeichnungen in Österreich seit ihrer Emigration erhielt Jahoda erst 1993 mit dem Großen Silbernen Ehrenzeichen für Verdienste um die Republik Österreich und dem Preis der Stadt Wien für Geistes- und Sozialwissenschaften. Anlässlich der Umbenennung enthüllte Kultur- und Wissenschaftsstadtrat Andreas Mailath-Pokorny (S) am Freitag auch eine an Jahoda erinnernde Gedenktafel.(APA)