Hans Dichand in der Hofburg

Foto: Navigatorfilm

Wie Nathalie Borgers sich Zutritt verschaffte und warum der ORF den Film offenbar nicht zeigt, erklärte sie Harald Fidler: Hans Dichands Wille geschehe.

STANDARD: Sie haben Ihre Doku "Krone"-Chef Dichand gleich vorgeführt. Die Reaktion?

Borgers: Erst sagte er: Wenn ich so aussehe, sollte ich vielleicht doch in Pension gehen.

Dabei waren noch der stellvertretende Chefredakteur Christoph Biró und Geschäftsführer Wolfgang Altermann. Denen war zu viel Heide Schmidt, zu viel Erhard Busek, zu viel Wolf Martin, zu viel über Maggie Entenfellner und die Tierecke im Film.

Dichand meinte: Wir haben schon andere Sachen überlebt, und ich dachte, es wäre okay. Danach allerdings soll er gesagt haben, der Film will ihn hinrichten.

STANDARD: Hinrichten wird's wohl nicht gewesen sein: Was war das Ziel?

Borgers: Die Idee entstand nach der Nationalratswahl 1999 mit einer Freundin in Wien, Lena Deinhardstein.

Ziel war nie, der "Krone" zu schaden. Ich wollte Fragen aufwerfen, Kritik üben. Dichand wusste das, wollte das aber gar nicht so genau hören. Er sagt, die "Krone" ist Spiegel der österreichischen Seele. Ich will durch die Zeitung diese Seele verstehen, erklären.

STANDARD: Das österreichische Kanzleramt hat das Projekt mitfinanziert. In der "Krone" wurde über eine Art Rache Wolfgang Schüssels an dem Kleinformat spekuliert.

Borgers: Offenbar fehlt in diesem Land wirklich der Mut, nur wenige wie Busek oder Schmidt trauen sich, gegen die "Krone" aufzutreten. Schüssel hat sich nicht um Dichand geschert ...

STANDARD: Vom jüngsten Wahlkampf kann man das nicht mehr behaupten - plötzlich stimmte die ÖVP einem neuen Tierschutzgesetz zu. Das ist mehr als eine "Krone"-Schlagzeile wert.

Borgers: Gegen die "Kronen Zeitung" zu sein ist in Österreich fast eine Lebensentscheidung. Und das ist alles andere als leicht.

STANDARD: In der Dokumentation reden die Stützen der "Krone" sehr frei von der Leber weg. Wie bringt man sie dazu? Sie werden Ihr Projekt ja nicht als Werbefilm für die Zeitung präsentiert haben.

Borgers: Einige hätten wohl nicht mit mir gesprochen, hätte es ihnen Dichand nicht aufgetragen.

STANDARD: Wie haben Sie Dichand überzeugt?

Borgers: Da kommt jemand von außen, eine Belgierin, die in Paris lebt, Deutsch spricht mit französischem Akzent, sich für sein Lebenswerk interessiert, und die "Krone" feiert den hundertsten Jahrestag ihrer Gründung: Das alles hat eine Rolle gespielt, denke ich. Wer beschäftigt sich schon außerhalb Österreichs mit der "Krone"?

Als er erfuhr, dass der Film für Arte vorgesehen war, bekam er allerdings Zweifel und hätte das Projekt wahrscheinlich am liebsten gestoppt.

STANDARD: Warum läuft der Film nicht im ORF?

Borgers: Die Bänder hat er schon seit Monaten. Ich kann mir nur vorstellen, dass es Dichands Wille ist, dass er nicht im ORF läuft. Als wir einmal bei der "Krone" filmten, kam auch ein ORF-Team. Es war Dichand, der denen sagte, wer wann vorkommen sollte. Wie in jedem anderen Aspekt des österreichischen Lebens hat sein Wort auch hier Gewicht. Der ORF will wohl nicht Ziel von Dichands nächster Kampagne sein.

STANDARD: Als Sie Ihre Doku bei der Viennale präsentierten, nannten Sie Dichand den Präsidenten Österreichs.

Borgers: Das war mein Eindruck, als wir ihn in der Hofburg mit Thomas Klestil filmten.

STANDARD: Klestil sei Gast und Dichand der Gastgeber?

Borgers: Ein bisschen sah das so aus. Es war auch Dichand, der sich selbst dorthin eingeladen hat. Er hat die Sequenz mit Präsident Klestil beim Kaffee in der Hofburg vorgeschlagen. Es war seine Idee. (DER STANDARD, Printausgabe, 28.11.2002)