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Wien - Sieben Särge. Das kann ja heiter werden! - Wird es auch. Denn wie alle Theaterflüsterstimmen behaupten, war vor der Komik noch immer die Tragik, hält allein der Witz vom Wahn fern, trägt jeder Clown im Lachen das Leid.

Deshalb hat sich der österreichische Theatergroßtäter Johann Nestroy, um den es hier geht, auch zu Tode gespielt. Robert Quitta wiederum hat die neueste Folge seines Personality-Theaters, Nestroy lacht, ganz auf dessen Angst vor dem Lebendig-Begraben-Werden hin ausgelegt. Der manische Schauspieler und rasende Possenschreiber verfügte testamentarisch eine überirdische Gruft, aus der er, sollte er dermaleinst den eigenen Tod überlebt haben, hinausspazieren könnte.

In kürzester Zeit haben sich auch im Künstlerhaustheater die schrulligsten Gestalten aus den Kisten befreit. Summa summarum sind es komprimierte Nestroy-Figuren - Tischler, Madl, Lump, Zauberer, Schauspielerin, Hanswurst und Affe -, die sich im überaus agilen Todesgebaren und unter Höllengelächter über ihr irdisches Leben auslassen. Im vorderen Sarg liegt Nestroy selbst (Hermann J. Kogler). Über ihm baumelt jener Glockenfaden, mit dem er oberirdisch Bescheid geben wird, sollte es ihn lebendig erwischt haben. Bevor die Stichsäge des am hinteren Bühnenende brav heimwerkenden Sargmachers ansetzt, krächzt er jedesmal ein bedeutungsvolles "Nein!".

Irgendwann hüpfen die Figuren über den Rindenmulchfriedhof zum Publikum. Der Zauberer droht, uns in Gurkenhobel zu verwandeln. Das Madl möchte partout den Sitznachbarn heiraten, der Lump bettelt souverän. Den Zuschauern ging's bei Nestroy schon immer an den Kragen.

Der Gewinn der Arbeit liegt in der Tonlage. Nestroy lacht schlägt an keiner Stelle Profit aus der vieltradierten Todessehnsucht der Wiener, überführt das Couplet mittels immer wieder hinfallender Sängerin geradewegs der Ohnmacht. Als Kur zu empfehlen.
(DER STANDARD, Printausgabe, 23.12.2002)