Bert Rürup

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Wien - Der ÖGB wies am Freitag die zuletzt vom deutschen Pensionsexperten Bert Rürup wieder erhobene Forderung nach längerem Arbeiten zurück. So lange ältere Menschen keine Chance am Arbeitsmarkt haben, führe die Diskussion um die Anhebung des gesetzlichen Pensionsalters an der Realität vorbei, meinte der Leitende Sekretär im ÖGB, Richard Leutner, in einer Aussendung.

"An der Realität vorbei"

"Es geht weit an der Realität vorbei, das gesetzliche Pensionsantrittsalter auf 67 Jahre erhöhen zu wollen, ohne nur einen Gedanken darüber zu verschwenden, welche Chancen ArbeitnehmerInnen überhaupt haben, länger zu arbeiten", so Leutner. Nur jeder zweite Arbeitnehmer wechsle direkt aus einem aufrechten Beschäftigungsverhältnis in die Pension, die andere Hälfte wechsle entweder von der Arbeitslosigkeit, der Notstand- oder Sozialhilfe in die Pension. "Das ist Ausdruck einer ungerechten Entwicklung am Arbeitsmarkt."

Zweite und dritte Säule tragen nicht

Außerdem betonte Leutner, dass die zweite und dritte Säule keine tragenden Elemente der Alterssicherung für alle sein könnten, sondern lediglich Ergänzungen zum umlagefinanzierten Pensionssystem, kritisierte Leutner den Rürup-Vorschlag nach Forcierung der Betriebspension und der privaten Pensionsvorsorge. Von wenigen Ausnahmen abgesehen würden die Unternehmen in Österreich ihren ArbeitnehmerInnen nämlich keine zweite Säule (Betriebspension) finanzieren. Und der Großteil der ArbeitnehmerInnen sei auf Grund der Einkommenssituation nicht in der Lage, neben der Bestreitung des Lebensunterhaltes noch selbst eine private Pensionsvorsorge als dritte Säule anzusparen.

Rürup: Kommt langfristig nicht drum herum

Man sollte auch in Österreich die Diskussion über Arbeiten bis 67 beginnen", sagt Rürup in der Freitag-Ausgabe des "WirtschaftsBlattes". Dem deutschen Pensionsexperte Bert Rürup gehen die Vorschläge der Pensionsreform-Kommission von Theodor Tomandl nicht weit genug. "Längerfristig wird man nicht um die Anhebung des Antrittsalters herum kommen.

Der Vorsitzende der deutschen Reformkommission plädiert für eine schrittweise Hinaufsetzung des gesetzlichen Pensionsalters, wie er sie auch für das Nachbarland vorschlägt. Ab 2011 sollte das gesetzliche Antrittsalter jedes Jahr um einen Monat steigen, so dass 2035 das Antrittsalter 67 Jahre erreicht ist. Notwendig sei dies, weil "ab 2010 die demographische Entwicklung mit voller Wucht zuschlägt".

Abfertigung neu allein reiche nicht

Da kaum ein Pensionssystem so umlagelastig sei wie das österreichische, rät Rürup außerdem, die zweite Säule weiter zu stärken. Die Abfertigung neu in der derzeitigen Form reiche dazu aber nicht. "Die Beiträge von 1,53 Prozent sind viel zu niedrig. Sie sollten auf 2,5 bis vier Prozent angehoben werden." Und die Entnahmemöglichkeiten gehörten eingeschränkt: Will man wirklich eine Betriebspension schaffen, sollten nur Einmalauszahlungen von rund 20 Prozent des Kapitals möglich sein, fordert Rürup, der die rot-schwarze Regierung für die Reform 1997 beraten hatte. (APA)