"Einfach langweilig": Basler Jury verweigert Autor, der Ausschreibung gewann, zweite Preisgeldhälfte
Redaktion
,
Basel - Einen Eklat gibt es um einen von Mäzenen
finanzierten "Stadtroman" für Basel, den der österreichische Autor
Eberhard Petschinka verfasst hat. Nachdem nun das Buch vorliegt,
herrscht in der Rheinstadt statt Freude über die literarische
Verewigung nur Katzenjammer. Die Jury hat Petschinka auf Grund
mangelnder Qualität die Hälfte der Preissumme verweigert.
Dem für die Preisverleihung angereisten Petschinka wurde am Montag
Abend vor versammeltem Publikum mitgeteilt, dass die Jury ihm die
noch nicht ausbezahlte zweite Hälfte der zugesagten 30.000 Franken
(20.357 Euro) vorenthalte. Er habe mit seinem Werk die Bedingungen
der "Stadtroman"-Ausschreibung nicht erfüllt.
Petschinka setzte sich gegen 106 andere Einsendungen durch
Dabei hatte die Sache vor zwei Jahren hoffnungsvoll angefangen.
Ein Sponsorengremium "Tabakskollegium" setzte 30.000 Franken
Preisgeld für einen "Stadtroman Basel" aus: "Was wäre London ohne
Dickens, Wien ohne Musil, Berlin ohne Döblin", so die Ausschreibung.
Basel sollte einen Roman erhalten, der "in Basel spielt, von den
Menschen dieser Stadt handelt und somit auch die Stadt Basel
erzählt".
Nicht weniger als 107 Einsendungen waren der Jury daraufhin
zugegangen, in die engere Auswahl kamen fünf. Die 18 Seiten
Petschinkas überzeugten die Jury: "Das Probekapitel war sehr
lebendig, interessant und gut", sagt Jurymitglied Markus Kutter.
Vorwurf: Aus der Schublade gezogen und für Basel adaptiert
Umso größer die Enttäuschung, als der Roman vorlag: "Wir waren uns
einig, dass das kein gutes Buch ist", so Kutter. In dem Buch sei
Basel nur gerade Etikette: "Ich habe den Eindruck bekommen, das sei
aus der Schublade und im letzten Moment für Basel umgeschrieben."
Laut Beschreibung in der "Basler Zeitung" ist es zudem voller
Beschreibungen sexueller Ausschweifungen: "Diese sind nicht einmal
provokativ, sondern einfach langweilig", meint Kutter.
Auch der gute Wille des Autors wird von der Jury angezweifelt,
hatte Petschinka doch in der "Basler Zeitung" erklärt, er habe
überhaupt nie vorgehabt, einen Stadtroman zu schreiben: "Das gibt es
als literarische Gattung gar nicht, die müsste ich ja erfinden", wird
er zitiert.
Forderungen sorgten für Kopfschütteln
Für Kopfschütteln bei seinen Gönnern hatte Petschinka zudem schon
vorher gesorgt. So verlangte er etwa Anfang des Jahres vom
Tabakskollegium schriftlich, ihm eine Villa im Tessin zu besorgen, wo
er drei Monate ungestört schreiben könne: "Ich dachte, ich träume",
sagt Kutter.
Wozu die nun unverteilten 15.000 Franken dienen sollen, ist noch
nicht klar: "Die bleiben in der Kasse, bis ein allfälliges
Prozessrisiko abgeklärt ist", so Kutter. Dann werde man entscheiden,
was man Sinnvolles damit machen könne: "Klar ist, dass es für
literarische Zwecke zur Verfügung stehen wird." (APA/sda)
Forum:
Ihre Meinung zählt.
Die Kommentare im Forum geben nicht notwendigerweise die Meinung der Redaktion wieder.
Die Redaktion behält sich vor, Kommentare, welche straf- oder zivilrechtliche Normen verletzen,
den guten Sitten widersprechen oder sonst dem Ansehen des Mediums zuwiderlaufen
(siehe ausführliche Forenregeln),
zu entfernen. Benutzer:innen können diesfalls keine Ansprüche stellen.
Weiters behält sich die STANDARD Verlagsgesellschaft m.b.H. vor, Schadenersatzansprüche
geltend zu machen und strafrechtlich relevante Tatbestände zur Anzeige zu bringen.