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Foto: Archiv
Der frühere Sänger der britischen Band The Verve, Richard Ashcroft, gab vergangenen Freitag seine Österreichpremiere. Ein Kampf gegen den selbst verantworteten Programmablauf und die Widrigkeiten des Austragungsortes.

Wien - Wirklich funktioniert hat an diesem Abend nicht viel: Offenbar plagte eine Saitenmigräne die Akustikgitarren, was zur Folge hatte, das diese ständig - oft während der Songs - ausgetauscht werden mussten. Und auch alle Versuche, live jene Soundtürme zu errichten, die auf Platte so monolithisch Erhabenheit demonstrieren, verkamen im akustisch verheerenden Betonkringel der Gasometerhalle zu einem Klangeintopf ohne Schärfe.

Immerhin "verschluckte" diese architektonische Glanz- leistung so auch die Früchte der Arbeit des links auf der Bühne beschäftigten Saxofonisten, der, wenn er nicht gerade ungehört in sein Holzblasinstrument atmete, dieses durch einen anderen, nicht minderen Unheilsbotschafter tauschte: die quere Flöte! Glück im Unglück.

Im Zentrum dieser Pannen stand vergangenen Freitag Richard Ashcroft und egalisierte mit verhaltenem Charme, der auf die nicht zu geringe Bereitschaft des Publikums traf, das Konzert auf jeden Fall gut zu finden, einen Gutteil der widrigen Umstände. Schließlich hatte es der frühere Sänger einer der erfolgreichsten britischen Bands der 90er, The Verve, nie bis nach Österreich geschafft, und so betrachteten viele diese Show wohl als eine Art Wiedergutmachung.

Eine These, die das ergebene Mitsingen großer Publikumsteile bei The-Verve-Titeln wie dem akustisch beinahe in einem Stück - verdammte Klampfe, verdammte! - vorgetragenen The Drugs Don't Work eindeutig stützte.

Vorgabe: Phil Spector

The Verve galt als inspirierte Drogenband, die sich bei einer 60er-Jahre-Psychedelia ebenso bediente wie bei den klangtechnischen Vorgaben des Produzenten-Genies Phil Spector. Einer Figur, die Ashcroft in einem STANDARD-Interview vor zwei Monaten als wesentlichen Bezugspunkt in seiner Kunst anführte. Ohne viel Zeit in der Yellow-Pop-Press zu vergeuden - dort veranstalteten Oasis und Blur ihr mediales Mud-Wrestling -, veröffentlichte The Verve drei Alben, wobei sich aufgrund interner Probleme bereits abzeichnete, dass diese Band demnächst ihr Ablaufdatum überschreiten würde.

Den Zenit erreichte man mit dem finalen Werk Urban Hymns, das mit The Drugs Don't Work und der Bitter Sweet Symphony zwei Mega-Hits enthielt. Danach zerfiel die Band, und Ashcroft veröffentlichte im Jahr 2000 sein mäßiges Solodebüt Alone With Everybody. Das heuer erschienene sehr gute Album Human Conditions steht im Zeichen der Läuterung angesichts familiärer Verantwortung und der Suche nach Sinn abseits eines exzessiven Rock-'n'-Roll-Star-Daseins.

Im Konzert wären derlei Vergangenheitsverweise im Zeichen einer etwas weniger statischen Darbietung allerdings kein Schaden gewesen. Denn zumindest zu Beginn strapazierte Ashcroft mit zäh vorgetragenen Songs wie Lord I've Been Trying oder Buy It In Bottles die Standbeine des Publikums. Auch Lichtspielchen täuschten nicht darüber hinweg, dass im Ablauf des Programms der Hund steckte.

Sobald die achtköpfige Band endlich in Fahrt kam, bremste eine eingeschobene Solodarbietung Ashcrofts das Ganze wieder ab. Erst im letzten Drittel liefen die Fäden einigermaßen zusammen. Der Mann im Yellow-Submarine-T-Shirt legte sich ordentlich in Check The Meaning sowie Running Away und beendete mit der Verve-Nummer Lucky Man den ersten Block.

Den Zugabenteil schloss der 30-Jährige mit Science Of Silence und bedankte sich in der euphorisch empfangenen Schlussnummer Bitter Sweet Symphony artig mit einem Sly-and-the-Family-Stone-Zitat: "Thank You Falettinme Be Mice Elf Agin." So ging also versöhnlich zu Ende, was als konzertanter Grenzfall begonnen hatte. (DER STANDARD, Printausgabe, 9.12.2002)