Im März wird das "Johann Radon Institut für computerorientierte und angewandte Mathematik" offiziell eröffnet.

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Wien - Die mathematische Forschung in Österreich ist auf der Überholspur. Mehrere Wittgenstein- und Start-Preise gingen in den vergangenen Jahren an Mathematiker, die Preisträger riefen das Wolfgang Pauli-Institut in Wien ins Leben und konnten damit in EU-Forschungsprogrammen beachtliche Erfolge verbuchen. Nun gründet die Österreichische Akademie der Wissenschaften (ÖAW) in Linz ein neues mathematisches Zentrum: Mit Jahresbeginn nimmt das "Johann Radon Institut für computerorientierte und angewandte Mathematik" seinen Betrieb auf, die offizielle Eröffnung ist im März geplant.

"Anwendungsorientierte Grundlagenforschung" nennt der Leiter des Akademie-Instituts und Vorstand des Instituts für Industriemathematik der Universität Linz, Heinz Engl, im Gespräch den Arbeitsschwerpunkt des neuen Akademie-Instituts. Dieses kann auf eine ausgezeichnete Ausgangssituation mit starken Forschergruppen am Standort Linz aufbauen: So gibt es an der Uni Linz u.a. den Spezialforschungsbereichs "Numerical and Symbolic Scientific Computing" und das international renommierte Research Institute for Symbolic Computation (RISC), dessen Gründer Bruno Buchberger auch im Akademie-Institut eine wichtige Rolle spielen soll.

Ein in den neunziger Jahren bestehendes, von Engl geleitetes Christian Doppler-Laboratorium für Mathematische Modellierung und Numerische Simulation wurde inzwischen in ein "Kompetenzzentrum Industriemathematik" im Rahmen des K-Ind-Programms übergeleitet, an dem Unternehmen wie VAI, AVL, General Electric oder Henkel beteiligt sind.

Abteilungen

Das Akademie-Institut versucht aber auch überregional Kompetenzen einzubinden und so zu einem gesamtösterreichischen Zentrum für angewandte Mathematik zu werden. So werden beispielsweise die beiden Wiener Wittgenstein-Preisträger Walter Schachermayer und Peter Markowich Abteilungen in Linz leiten. Geplant sind vorerst drei Abteilungen mit mehreren Forschungsgruppen, und zwar Abteilungen für wissenschaftliches Rechnen, für Finanzmathematik sowie für die Analyse Partieller Differentialgleichungen.

Insgesamt sollen 25 Mathematiker am Institut beschäftigt sein, davon fünf "Senior Postdocs" und 20 Postdocs. Zusätzlich sollen pro Semester rund zehn internationale Gastwissenschafter für einsemestrige Schwerpunktprogramme verantwortlich sein. "Ich erwarte, dass das Radon-Institut in relativ kurzer Zeit ein unverwechselbares wissenschaftliches Profil entwickelt, und zwar insbesondere durch die Interdisziplinarität zwischen den einzelnen Forschergruppen des Instituts, andererseits durch die Kooperation mit Vertretern von Anwendungswissenschaften", sagte Engl.

Budgetierung

Seinen Standort soll das Institut am Campus der Uni Linz haben, wo derzeit ein so genanntes Drittmittel-Gebäude errichtet wird, in dem sich die Mathematiker einmieten. Das durchschnittliche Jahresbudget beträgt laut Engl im Vollausbau 2,85 Mio. Euro. Im ersten Jahr rechnet der Mathematiker mit einem Finanzbedarf von 1 Mio. Euro, wovon das Land Oberösterreich 400.000 Euro beisteuert. Auch von Bildungsministerin Elisabeth Gehrer (V) und vom Rat für Forschung und Technologieentwicklung liegt laut Engl eine Budgetierungszusage vor. Benannt ist das Institut nach dem österreichischen Mathematiker Johann Radon (1887-1956), dessen mathematischen Arbeiten heute in jedem Computertomographen verwendet werden. (APA)