Foto: Centfox
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Der Mexikaner Alfonso Cuarón, demnächst Regisseur von "Harry Potter 3", hat mit "Y tu mamá también" ein überraschend erfolgreiches, sommerliches Roadmovie gedreht.

Wien – Jungenträume werden wahr: In einem Sommer, der droht in Ereignislosigkeit und Nichtstun zu versanden, tritt plötzlich eine Traumfrau ins Leben von Julio (Gael García Bernal) und Tenoch (Diego Luna). Und was eben noch eine dreiste Überlegung war – die Angebetete für eine Fahrt ans Meer zu gewinnen – wird überraschend möglich und das ungleiche Trio macht sich auf die Reise.

Y tu mamá también erzählt von einem Übergang: Für die beiden männlichen Protagonisten sind es die Monate zwischen Schulabschluss und Studienbeginn, für die verheiratete Luisa (Maribel Verdú) steht weit mehr auf dem Spiel, als sie sich dazu entschließt, mit den beiden jugendlichen Großmäulern zu einem entlegenen Strand aufzubrechen.

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Der 41-jährige Mexikaner Alfonso Cuarón, inzwischen als Regisseur für kommende Harry-Potter-Adaptionen engagiert, konnte mit seinem sommerlichen Roadmovie zu Hause in Mexiko überraschende Kassenerfolge erzielen. Bei seinem Start 2001 verwies er dort unter anderem Pearl Harbor oder Planet of the Apes auf die Plätze, und allein in den USA spielte die Fünf-Millionen-Dollar-Produktion anschließend rund 13 Millionen Dollar ein.

Cuarón, der 1991 mit der Komödie Sólo con tu pareja debütierte und anschließend bei zwei Hollywood-Produktionen Regie führte (A Little Princess und die slicke Dickens-Adaption Great Expectations mit Ethan Hawke), hat mit Y tu mamá también seinen bisher persönlichsten Film gedreht.

Fern von Hollywood

Das Drehbuch verfasste er gemeinsam mit seinem Bruder Alfredo, zwischen der ersten Idee und der Realisierung des Films vergingen zehn Jahre – die während dieser Zeit gesammelten Erfahrungen als Studioregisseur in Hollywood führten schon beim Schreiben weg von einer primär figurenorientierten Erzählung:

Die Reise der beiden Teenager und ihre Coming-of-Age-Story bettet der Film in größere Zusammenhänge ein. Immer wieder wird der Originalton ausgeblendet und eine männliche Off-Stimme lenkt die Aufmerksamkeit des Publikums auf andere Zusammenhänge, auf politische Ereignisse oder individuelle Schicksale. Die Fahrt führt in der Totalen vorbei an vielen "kleinen Dramen" am Straßenrand – an Polizeiposten, an improvisierten Gedenkstätten für Unfallopfer, an Verkaufsständen und Warteschlangen.

Diese Panoramen von Mexiko, so Cuarón im Gespräch mit dem STANDARD, sollten etwas miterzählen von der "Klassengesellschaft, von den vielen verschiedenen Mexikos, die in derselben Zeit und im selben Raum, aber scheinbar unverbunden koexistieren. Für Teenager ist diese Abgeschiedenheit, diese völlige Bezogenheit auf die eigene Welt und Befindlichkeit noch verschärft. Man bewegt sich gewissermaßen wie in einer Luftblase, und gleichzeitig glaubt man, alles übers Leben zu wissen und vor allem auch Kontrolle übers eigene Leben zu haben."

Diese auf mehreren Ebenen geführte Erzählung hält beim Zusehen außerdem ein wenig auf Distanz und verhindert so eine reine Affirmation des Draufgängertums, der Egozentrik und des Machismo der beiden Burschen. Dass sich doch so was wie Sympathie für sie einstellt, liegt zum Teil an den mitreißenden Darstellern: Gael García Bernal – bekannt aus einem anderen Hit made in Mexiko, Alejandro González Inárritus Amores perros – und Diego Luna.

Zum anderen jedoch auch daran, dass Cuarón in die vordergründige und ostentativ sexuell aufgeladene Ausgelassenheit allmählich andere Töne mischt. Und es wird immer deutlicher, dass der Übergang von einem vertrauten Leben in ein neues zugleich auch gewaltig an die tabuisierten Zonen dieser Jungenfreundschaft rührt und dass am Ende dieser Reise vieles anders sein wird als vorher. (DER STANDARD, Printausgabe, 30.11./1.12.2002)