grafik: der standard/adsy bernart
Kaum ein Arbeitnehmer mit größeren Abfertigungsansprüchen wird in das System der "Abfertigung neu" wechseln - außer, er erwägt einen Wechsel der Arbeitsstelle. Denn das alte System hat viele Vorteile: So richtet sich die Höhe der Abfertigung nach dem Letztgehalt, während das neue System nur das Lebensdurchschnittsgehalt zur Ermittlung heranzieht. Damit gehören beispielsweise Akademiker, deren Gehaltsstufe steiler ansteigt als etwa die von Mitarbeitern in Gewerbebetrieben, zu den Verlierern. Dazu kommt, dass im alten System im Schnitt 25 Jahre für ein Jahresgehalt (Basis: Gehalt bei Kündigung oder Pensionierung) gearbeitet werden muss, im neuen System hingegen 37 Jahre (Basis: Lebensdurchschnittsgehalt, siehe auch nebenstehende Geschichte). Somit haben sich Versprechungen von Wirtschaftskammer und Arbeiterkammer, beim neuen System schaue nicht weniger als beim alten heraus, als unrichtig erwiesen. Volle Versteuerung Auch Berufsgruppen, die in ihrem Kollektivvertrag höhere als die gesetzlichen Abfertigungsansprüche festgehalten haben, gehören zu den Verlierern: Die freiwilligen Abfertigungsansprüche müssen im neuen System voll versteuert werden, während sie im alten zum begünstigten Steuersatz von nur sechs Prozent zu versteuern sind (sofern die Ansprüche durch tatsächliche und nicht nur angerechnete Vordienstzeiten begründet sind). Somit ist der Umstieg nur in einem Fall klug: wenn ein Wechsel des Arbeitgebers anvisiert wird und zumindest ein Teil der Abfertigung gerettet werden soll. Denn im Fall der Kündigung durch den Arbeitnehmer sind alle Ansprüche im alten System weg. Das ist natürlich auch dem Dienstgeber bekannt, und ein gewisses Misstrauen ist bei einem freiwilligen Wechsel dann vorauszusetzen. Dieses erschwert dann die Verhandlungen, wie viel der Ansprüche vom Arbeitgeber freiwillig in das neue System eingebracht werden. Denn der Arbeitgeber wird zu Recht argumentieren, dass die Abfertigungsansprüche ja noch nicht das "Eigentum" des Arbeitnehmers wären und die theoretische Möglichkeit der Selbstkündigung einbezogen werden müsse. Allgemeine Richtsätze für etwaige Abschläge aus diesem Titel gibt es aber noch nicht. (DER STANDARD Print-Ausgabe, 21.11.2002)