Reichhold tritt als FPÖ-Chef und Spitzenkandidat zurück
Haupt neuer Spitzenkandidat und Interimsobmann - Reichhold: "FPÖ braucht voll einsatzfähigen Mann" - Haupt will keinen Parteitag vor der Wahl
Redaktion
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Wien - Mathias Reichhold tritt nach 40 Tagen im Amt als
FPÖ-Obmann zurück. Der Infrastrukturminister wird auch nicht als
Spitzenkandidat für die Nationalratswahl zur Verfügung stehen, teilte
er in einer Aussendung mit.
Grund für den Rückzug ist eine anhaltende
Erkrankung des scheidenden FPÖ-Obmann nach einer übergangenen Angina.
Nachfolger Reichholds als Spitzenkandidat wird Sozialminister Herbert
Haupt, wie Parteivize Thomas Prinzhorn erklärte.
Haupt auch Interimsobmann
Die Führung der FPÖ wird interimistisch Spitzenkandidat Herbert
Haupt übernehmen. Diesem oblägen nunmehr die weiteren Entscheidungen
wie die Erstellung der Bundesliste, erklärte der zurückgetretene
Parteichef Mathias Reichhold in einer Aussendung. Er appelliere an
alle Sympathisanten und Funktionäre der Partei, "die freiheitliche
Idee weiterhin voll zu unterstützen".
Seinen Rückzug begründet Reichhold mit einer ärztlichen
Empfehlung. Der ärztliche Leiter des Krankenhauses Friesach, Georg
Lexer, habe ihm mitgeteilt, dass angesichts nach wie vor auftretender
Herzrhythmusstörungen weitere Schonung angezeigt sei. Daher habe er
die entsprechende Entscheidung getroffen: "Die FPÖ braucht in der
Intensivphase des Wahlkampfs einen voll einsatzfähigen
Spitzenkandidaten und Parteiobmann."
Haupt will keinen Parteitag vor der Wahl
FPÖ-Interimsobmann Herbert Haupt lässt es offen, ob
er auch nach der Wahl die Partei weiterführen wird. Diese
Entscheidung werde unter anderem vom Ergebnis des Urnengangs am 24.
November abhängen, erklärte er Donnerstag Nachmittag. Einen Parteitag über die Neuordnung der Partei werde es
jedenfalls erst nach der Nationalratswahl geben.
Ziel für Haupt ist es nun in erster Linie, die Wahl optimal zu
schlagen, damit die Freiheitlichen weiter eine wichtige Rolle in
Österreich spielen könnten. Der FP-Chef selbst will in der nächsten
Legislaturperiode wieder Sozialminister werden, weil er glaubt, gute
Arbeit geleistet zu haben. Dass Mathias Reichhold nun seinen Rückzug
erklärt hat, findet Haupt "schade", weil der scheidende Parteichef
bei vielen Leuten ob seines kollegialen Stils geschätzt worden sei.
Er hoffe nun, die entstandene Lücke füllen zu können.
Prinzhorn lobt Haupt und attackiert ÖVP
Der neue Spitzenkandidat der FPÖ, Sozialminister
Herbert Haupt, habe sich im Wahlkampf voll bewährt, lobte der
stellvertretende FPÖ-Chef und Zweite Nationalratspräsident Thomas
Prinzhorn den neuen Frontmann an der Spitze
der Freiheitlichen. "Haupt ist ein Sozialminister mit Herz und
Verstand" und spreche "gerade die Kernschichten und Kernthemen der
FPÖ so gut an". Scharfe Kritik gab es von Prinzhorn an der ÖVP.
Man sei zuletzt in der Pensionsfrage mit der ÖVP "von denen
überstimmt worden, die letztlich im Endeffekt das Handtuch
geschmissen haben, weil sie für kleine Leute nichts übrig haben und
Abfangjäger gekauft haben und sich mit der Schickeria beschäftigen".
Bundeskanzler Wolfgang Schüssel habe die Koalition ohne Notwendigkeit
aufgelöst, er habe es nicht zugelassen, dass die FPÖ eine
Ministerriege ausgetauscht habe.
"Jetzt sind wir wieder voll auf Kurs. Die Art und Weise, wie
Schüssel taktiert, mit Haider ein Koalitionsabkommen abschließe, uns
nicht über den Koalitionsbruch informiert und uns gar nicht die
Chance zum Ministerwechsel gegeben hat", sei einzigartig. Befragt, ob
man angesichts solcher Voraussetzungen überhaupt daran denke, wieder
eine Koalition mit der ÖVP einzugehen, sagte Prinzhorn: "Ich glaube,
man muss jetzt im Wahlkampf deutlich machen, dass die ÖVP die
Koalition aufgekündigt hat. Man muss klar machen, wer eine
Handschlagqualität hat und wer keine".
Auf die Umfragen angesprochen, die der FPÖ einen ziemlich Absturz
in der Wählergunst prophezeien, meinte Prinzhorn, "was zählt, ist der
Wahltag. Heute mit Gusenbauer gibt es ja im Wahlkampf erst den ersten
Höhepunkt. Haupt wird heute einen fulminanten Wahlsieg über
Gusenbauer feiern. Und es gibt so viele Unentschlossene wie nie
zuvor. Und die ÖVP kopiert unsere Ideen. Zeigen Sie mir einen Punkt
auf den ÖVP-Wahlplakaten, die nicht als Urheber die FPÖ haben".
Allerdings konzedierte Prinzhorn, dass "wir uns auch verkaufen
müssen".
Heftige Attacken ritt Prinzhorn auch gegen den ORF, der einen
"Schwarzfunk" betreibe. "Das Ziel ist, schwarz-rot wieder wie in der
alten Auflage zu haben". Dann "werden wir uns aber mit anderen
Fernsehanstalten Gehör und Wähler verschaffen".
Infrastrukturminiser vom Krankenbett
Die Funktion von Mathias Reichhold als Infrastrukturminister ist
von der Rücktrittsentscheidung nicht betroffen. Das erklärte die
Pressesprecherin des Ministers.
"Er führt die Amtsgeschäfte als Minister natürlich weiter", sagte
Christine Lackner Donnerstag nachmittag. Auch jetzt, während des
Aufenthaltes im Deutsch-Ordensspital in Friesach, würden Reichhold
laufend Akten gebracht, die es zu bearbeiten oder zu unterschreiben
gelte. Die Aussagen des Kärntner Landeshauptmannes in einem Interview
mit der Zeitschrift "Format", wo Haider angekündigt hatte, bei einem
schlechten Wahlergebnis bei der Nationalratswahl selbst wieder die
Partei übernehmen zu wollen, habe in der derzeitigen Situation
"überhaupt keine Rolle" gespielt. Es gehe um die Gesundheit des
Ministers, allein darauf basiere die getroffene Entscheidung.
ÖVP: Innenpolitische Situation nicht verändert
Aus Sicht der ÖVP hat sich durch den Rücktritt von
Mathias Reichhold als Bundesparteiobmann und Spitzenkandidat der
Freiheitlichen für die Nationalratswahl "die innenpolitische
Situation nicht verändert". Das sagte Generalsekretärin Maria
Rauch-Kallat Donnerstag Nachmittag in einer Aussendung. Die Geschäfte
seien ja an Herbert Haupt übertragen worden, argumentiert die ÖVP.
Dem erkrankten Reichhold wünschte die ÖVP-Generalsekretärin
"baldige Genesung". (APA)
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