Wien - Wem Allerseelen auf der Erde zu fad ist, kann seit kurzem auch nach den Sternen greifen. Weltraumbestattungen sind zudem kaum teurer als irdische Beisetzungen. Als Asche um den blauen Planeten zu kreisen, kostet 5300 US-Dollar, die Pompe-funèbre-Firma Celestis akzeptiert auch Ratenzahlung.Mit derartigen Angeboten kann die heimische Branche trotz der kürzlichen Liberalisierung des Bestattungsgewerbes nicht mithalten. Will sie auch gar nicht. Denn unter würdiger Beisetzung von Verstorbenen verstehen Frau und Herr Österreicher etwas anderes, als den Orbit mit Asche zu verschmutzen. Doch auch die Bestattung Wien, Marktführer in der Bundeshauptstadt und mittlerweile Exmonopolist im Geschäft mit dem Tod, setzt auf mehr Individualität und Exklusivität. Für 500 Euro wird Hinterbliebenen die Möglichkeit geschaffen, sich länger von den Verblichenen zu verabschieden. Die "erweiterte Verabschiedung" ist eine halb- oder ganztägige Aufbahrung in Wohnzimmeratmosphäre, wobei den Wünschen der Hinterbliebenen nach Ausstattung und Musik Rechnung getragen wird. Bestattung Wien führt jährlich mehr als 17.000 Beerdigungen durch, eine Erdbestattung kostet derzeit rund 3412 Euro, eine Feuerbestattung 2608 Euro. Die Liberalisierung des Gewerbes wird die Preise hierzulande kaum drücken, denn außer der Kärntner Firma Pax gibt es noch keine ernsthafte Konkurrenz. Zudem sind in Österreich Bestattungsformen wie etwa das Verstreuen von Asche verboten. Gerade dieser Trend erlebt aber im Ausland derzeit einen wahren Boom. Als Musterbeispiel in Sachen Grabkultur gelten die Niederlande. Fans des Fußballvereins Ajax Amsterdam etwa verfrachteten Rasenziegel aus "ihrem" Stadion auf den Amsterdamer Friedhof Westgaarde. Auf dem Gras wird die Asche von verstorbenen Fans verstreut, die Namenstafeln haben die Form von Fußbällen. Auch in der Schweiz erfreut sich die "Naturbestattung" großer Beliebtheit. In so genannten Friedwäldern wird die Asche von Verblichenen durch ein Rohr in das Wurzelwerk von Bäumen und Sträuchern eingelassen. Ein Wiener Reiseveranstalter hat die Zeichen der Zeit erkannt und bietet unter dem Namen Moribund Travel die Möglichkeit, "dem lästigen Friedhofszwang zu entgehen". Die letzten Reisen gehen ins Ausland, zum Beispiel in den Wallfahrtsort Lourdes, wo auf einem Friedhof unweit der Mariengrotte die Asche von Verblichenen ausgestreut wird. In Frankreich gibt es auch das erste diplomierte Berufsbild für Totengräber. Die 45 Absolventen des ersten Kurses erhielten dieser Tage ihre Urkunden. Die Ausbildung umfasst die Rechtslage bei Bestattungen, psychologische Kenntnisse zur Unterstützung trauernder Familien sowie das Wissen über verschiedene Beerdigungsriten und Glaubenskonfessionen. (Michael Simoner, DER STANDARD Printausgabe 31.10/1.11 2002)