Die Studenten sind die "Schmarotzer", die Wiener Akademie der bildenden Künste (Atelierhaus) ist ihr Wirtskörper. Oder so ähnlich. Die Jahresausstellung bestreitet Zdenka Badinovac' "Parasitäre Klasse". Wien - Sie mampfen Dinge von anderen auf, nisten sich ein, zehren von anderen Errungenschaften, die ungebetenen Gäste, die Schmarotzer. Zuweilen werden (Kunst-)Studenten von "Berufenen" mit "Sozialschmarotzern" gleichgesetzt. Das spielt zumindest eine konzeptuelle Rolle in der Jahresausstellung Schmarotzer im Atelierhaus der Akademie der bildenden Künste.

Aber: "Schmarotzertum hat die Macht, etwas zu verändern", sagt Zdenka Badovinac. Die Leiterin der Moderna Galerija Ljubljana fühlt sich als Gastkuratorin auch immer wie eine Schmarotzerin und hat in Wien für kurze Zeit eine "Parasitäre Klasse" eingerichtet. Badovinac "vermisst an der Akademie eine politische Erziehung". In Workshops und Exkursionen wurde die gängige Präsentation einer Jahresausstellung hinterfragt, um schlussendlich mit der klassischen Präsentation von Studentenarbeiten zu enden.

Den optischen Rahmen bildet die hübsche wie funktionelle Architektur (Brandstetter/Leimer/Wieger), ein stufiger, zellenartiger Bau, der in seinem Bauch Installationen und Videos birgt - etwa die urkomische Freiheitsstatue-Performance von Pirmin Blum oder den (analog) animierten Kurzfilm von Gunda Gruber, in dem ein Mensch quasi fremdbestimmt durch die Systeme gespült wird.

Nora Stalzer hat die Architekturstruktur wieder abstrakt in schwarz-graue Bilder umgelegt, Metka Golec könnte mit ihren bösen Bildkommentaren zur Informationsgesellschaft gleich bei einer Werbeagentur oder ähnlichem beginnen, Manuel Gorkiewicz mit seinen superkünstlichen Hyper-Burger-Fotos ebenfalls. Witzig auch die direkte Umsetzung von öffentlicher Repräsentation und privatem Sich-gehen-Lassen in den zweiteiligen Fotos von Laura Samaraweerova.

Neben eher klassischeren Formen wie Malerei und Videos bestimmen prozessorientierte Arbeiten das Terrain, der junge Mensch will ja schließlich modern sein. Parasitäre Zellen bildeten sich bei einer Exkursion nach Bulgarien, wo der abgestandene Keller im Großmutterhaus eines Studierenden in diesem Rahmen absurd zum White Cube mutiert. Die Klassen Fahrt kommt für Außenstehende etwas bemüht rüber, Niveau Oberstufe, obwohl in der Dokumentation alternative Zellen aufgelistet werden, etwa die autonome Republik Kugelmugel im Wiener Prater.

Andernorts wurden Hunde, ihr Vorkommen und Verhalten analysiert - nicht wirklich optisch gelungen - oder, bei Culturareisen/V12 , die Beweggründe und Herkunftsgeschichten von nach Wien gezogenen Menschen. Wenn Kunst heute wirklich die Aufgaben einer Arrièregarde erfüllt, wie der Kulturhistoriker Beat Wyss behauptet, dann hat die Parasitäre Klasse mit gutem Erfolg bestanden. (DER STANDARD, Printausgabe, 31.10./1.11.2002)