Telekom
Telekom-Regulator Otruba bald wieder Professor
Tätigkeit bei EU-Kommission in Brüssel geprüft - Kritik an Reichhold wegen Art der Ablöse
Österreich bekommt ab 1. November 2002 mit dem
Unternehmensberater Georg Serentschy einen neuen Telekom-Regulator.
Der langjährige Chef der österreichischen Telekom-Regulierungsbehörde
Heinrich Otruba (58), dessen Ablöse Mitte Oktober von
Infrastrukturminister Mathias Reichhold (F) beschlossen worden war,
wird indes an die
Wirtschaftsuniversität
Wien
(WU) als Professor für Volkswirtschaft zurückkehren, sagte Otruba
selbst Journalisten anlässlich seines heutigen
letzten Arbeitstages.
"Verschleißerscheinungen"
Es sei "ein angenehmes Gefühl", wieder an die WU zurückzukehren,
stellte Otruba fest. Die fünfjährige Regulatortätigkeit habe bei ihm
doch "Spuren" und "Verschleißerscheinungen" hinterlassen, nun wolle
er "die Batterien wieder mit destilliertem Wasser auffüllen". Das
Wintersemester an der WU sei zwar an sich schon gelaufen, er werde in
den nächsten Wochen daher Zeit haben, seine universitäre Arbeit für
die nächsten zwei bis drei Jahre einzuteilen.
Publikation über erlebte "Schnaken und
Schnurren"
Außerdem prüfe er derzeit auch ein Angebot der EU-Kommission, in
Brüssel in der neu gegründeten Europäische Regulierer Gruppe (ERG)
mitzuarbeiten. Otruba wäre an sich - im Falle seiner Verlängerung als
Geschäftsführer des Telekom Bereichs in der Rundfunk- und
Telekomregulierungsbehörde (RTR) - als Vorsitzender für das Gremium
der europäischen Regulatoren vorgesehen gewesen. Weiters plant der
ehemalige WU-Rektor eine Publikation über erlebte "Schnaken und
Schnurren" im Laufe seiner bisherigen Tätigkeiten. Eine
Beratungsfunktion für einen österreichischen Telekom-Betreiber komme
für ihn nicht in Frage.
Kritik
Kritik übte Otruba an der Art und Weise seiner Ablöse. Er habe
nach der politischen Wende in Österreich den beiden
FPÖ-Infrastrukturministern Monika Forstinger und Mathias Reichhold
mehrmals angedeutet, seinen Sessel ohne Widerspruch zu räumen, sollte
eine - politische - Notwendigkeit dafür bestehen. Reichhold habe ihm
dann im Vorfeld der Ausschreibung für die Nachbesetzung des
Telekom-Regulators empfohlen, sich wieder zu bewerben, sich dann aber
für Serentschy entschieden. "Das hätte man billiger auch haben
können", so Otruba. Bis heute gebe es außerdem keine schriftliche
Mitteilung an ihn und an den Vorsitzenden des Aufsichtsrats der RTR
über die Neubesetzung, kritisierte Otruba. Er sei lediglich
telefonisch von einem Kabinettsmitglied Reichholds darüber informiert
worden, dass er künftig nicht mehr Telekom-Regulator sein werde.
Otruba war am 7. September 1997 zum Geschäftsführer der damaligen
Telekom-Control GmbH bestellt worden. Am 1. Juni 2001 wurde seine
Tätigkeit als oberster Telekomregulator mit der Bestellung zum
RTR-Geschäftsführer für den Telekombereich verlängert. Zuvor war
Otruba an der Wirtschafts- und Technischen Universität Wien tätig
gewesen, von 1995 bis 1997 war er Rektor an der WU.
Highlights
Als Highlights seiner fünfjährigen regulatorischen Tätigkeit
nannte Otruba heute u.a. die Versteigerung der Lizenzen für die
dritte Mobilfunkgeneration UMTS und die Vorbereitungen für das neue
Telekom-Gesetz (TKG), das Mitte 2003 in Kraft treten soll. Bis auf
kleine Ausnahmen habe er die vorgegebenen EU-Richtlinien in diesen
fünf Jahren vollinhaltlich umgesetzt, zog Otruba Bilanz. Die
Liberalisierung habe dem Kunden bisher eine Preisersparnis gebracht,
nach dem nächsten Liberalisierungsschritt müsse der Kunde die Wahl
zwischen verschiedenen Anbietern und zwischen verschiedenen neuen
Technologien - etwa Breitband, Powerline (Internet aus der Steckdose)
oder Internet-Telefonie - haben.
Datenübertragung statt Telefonie
Der Schlüssel für den Wettbewerb in den elektronischen
Kommunikationsmärkten sei der Aufbau einer lokalen Infrastruktur,
betonte Otruba. Künftig würden Umsätze vor allem mit der
Datenübertragung - Videos, MP3-Files oder Bilder - gemacht und
weniger mit der Sprachtelefonie. Derzeit würden im Boden aber noch
unglaubliche Glasfasermengen ungenützt brach liegen. Die Zeit der
Regulierung der Endkundenmärkte sei in Österreich nun vorbei,
Handlungsbedarf gebe es noch auf der Ebene der Großkunden. Der größte
Fehler bei der Regulierungsarbeit wäre es, wenn der Regulator zu nahe
am Eigentümer des Ex-Monopolisten stünde, ist Otruba überzeugt.
(apa)