Die Tatsache, dass ausgerechnet sie als erste Frau in Österreich den Bürgermeisterstuhl einer Landeshauptstadt erklimmen wird, hält Hilde Zach für nicht besonders bemerkenswert. Das hätte sich eben ergeben, weil sie gemeinsam mit Herwig van Staa 1994 die Liste der ÖVP-Rebellen "Für Innsbruck" in der Tiroler Landeshauptstadt gegründet hat und seither seine erste Stellvertreterin war.

Zugleich hat Zach ein auf eigener Lebenserfahrung aufbauendes Bewusstsein darüber, dass Karrieren in Wirtschaft und Politik nicht geschlechtsneutral funktionieren. 1942 in eine Innsbrucker Fleischhauerfamilie hineingeboren, wurde ihr seitens des Vaters der Wunsch nach höherer Bildung verwehrt. Während ihr Bruder die Handelsakademie besuchen durfte, mussten für sie Handelsschule und Einzelhandelslehre genügen.

Dass Zach die Abendmatura nachholte, war schon ihre eigene Entscheidung als Erwachsene, sie blieb jedoch zwanzig Jahre in führender Rolle im elterlichen Betrieb, ehe sie ihr eigenes Geschäft aufbaute, um dort die Wurst des Vaters (und später des Bruders) zu verkaufen.

Als langjähriges ÖVP-Mitglied wurde sie im Wirtschaftsbund aktiv und 1990 dessen erste Ortsobfrau. Sie gründete den Verein "Frauen in der Wirtschaft", dessen zentraler Zweck weibliche Karriereplanung war und ist.

Als Kommunalpolitikern übernahm sie 1994 nach dem Überraschungserfolg von "Für Innsbruck" ein Monsterressort mit Wirtschaft, Tourismus, Kultur, Jugend, Frau und Familie. Zach ist seit damals ein häufiger, wenn auch oft nur kurz gesehener Gast auf Kulturveranstaltungen unterschiedlichster Art und Größenordnung. Das Ressort ist ihr so ans Herz gewachsen, dass sie es nach ihrer Wahl am Mittwoch ins Bürgermeisteramt mitnehmen wird.

Vermutlich wird es schwierig bleiben, bei Zach einen Termin zu bekommen - vermutlich ändert sich nichts daran, dass ein auf Minuten getimtes Gespräch letztlich sehr lange dauern kann.

"Im Unterschied zu meinem Vorgänger bevorzuge ich einen weiblichen, teamorientierten Führungsstil", sagt Zach und fügt - einer ähnlichen Logik folgend - hinzu: "Unter van Staa ist Hardware entstanden, jetzt wird an der Software gearbeitet." Van Staas prestigeträchtige Bauwerke will sie "mit Leben erfüllen". Ein klares politisches Profil fehlt bei so viel Umtriebigkeit bisher. Zweifel, die Schuhe ihres Vorgängers könnten ihr zu groß sein, sind allerdings bereits im Vorfeld ihrer Wahl weitgehend verstummt.

Seit zwanzig Jahren lebt Zach kinderlos in Lebensgemeinschaft mit einem Innsbrucker Arzt. Eine vor fünf Jahren diagnostizierte Krebserkrankung hofft sie überwunden zu haben. (DER STANDARD, Printausgabe, 29.10.2002)