Wien – Jugoslawien verlangt von der Europäischen Union die Finanzierung für die Räumung der Donau und den Wiederaufbau von Brücken, die durch die NATO-Bombardements im Kosovo-Krieg zerstört wurden. Nachdem Jugoslawien zur Zerstörung der Brücken "nichts beigetragen" habe, sei dies eine "europäische Frage", sagte der Botschafter Belgrads in Österreich, Rados Smiljkovic, am Donnerstag vor Journalisten in Wien. Die USA sowie die meisten EU-Länder lehnen westliche Hilfe für den Wiederaufbau der Brücken als Unterstützung des Regimes von Slobodan Milosevic ab.

Die Frage, ob Belgrad den Wiederaufbau an eine Aufhebung der EU-Sanktionen knüpfe, verneinte Smiljkovic klar. Obwohl die Schiffbarmachung der Donau für Jugoslawien eine "lebenswichtige Frage" sei, habe sie für Belgrad derzeit keine Priorität.

Lösung dennoch nur im "Paket" möglich

Nach einem Vorschlag, den Belgrad der internationalen Donau-Kommission unterbreitet habe, müssten die Beseitigung der Schäden, der Aufbau von Ersatzbrücken und die Konstruktion neuer Donau-Brücken als "Paket" behandelt werden, fügte der Presserat der Botschaft, Goran Bradic, hinzu. Dies impliziere, dass Belgrad "der Aufbau von ständigen Brücken versprochen wird" und entsprechende Zeit- und Finanzierungsmodelle vorgelegt würden. Nach Worten von Smiljkovic sollte der Aufbau von permanenten Brücken "in den nächsten drei Jahren" erfolgen. Vorwürfe, wonach Belgrad mit diesem Junktim die Staatengemeinschaft "erpresse", wies er zurück.

Jugoslawien habe als Mitgliedsstaat der Donau-Konvention die völkerrechtliche Verpflichtung, für die Schiffbarmachung der Donau zu sorgen, wandte Direktor Ronald Schrems vom Wiener Hafen in einer Zwischenbemerkung aus dem Publikum ein. Insofern müsse Belgrad zumindest die Räumung der Kriegsschäden durch andere Donau-Anrainerstaaten zulassen. Dies lehnte jedoch Smiljkovic mit dem Hinweis ab, bei der Beseitigung von Kriegsschäden handle es völkerrechtlich um "eine ganz andere Situation".

Keine Bedingungen

"Wir stellen keine Bedingung, dass die Aufhebung des Embargos mit der Räumung oder dem Bau der Brücken verknüpft wird", betonte Bradic weiter. Umgekehrt könne die EU jedoch nicht den Wiederaufbau dieser Verkehrswege mit dem Hinweis verweigern, dass Neuinvestitionen durch die Sanktionen ausgenommen seien, betonte die jugoslawische Botschaftsgesandte Dubravka Zverzhanovski, da es sich um den Aufbau alten Bestandes handle. Die Zuständigkeit der EU begründete sie damit, dass die Union über die entsprechenden Finanzmittel verfüge und dort "die Länder das Sagen haben", die Jugoslawien bombardiert hätten.

Österreich und eine Reihe anderer EU-Partner treten für eine Kompromisslösung ein, wonach die Brückenreste entfernt und der Bau provisorischer Brücken finanziert werden sollte. Bei einem strengen Winter könnten die Trümmer zu Eisstößen und Überschwemmungen bis nach Ungarn führen. Besonders die Staaten im südlichen Donaulauf, Bulgarien und Rumänien, sind von schweren Verlusten in der Schifffahrt durch die Donausperre betroffen, aber auch Österreich, Ungarn und Deutschland. Nach einer Studie der Donau-Kommission wären für die Freimachung der Wasserwege bei Novi Sad, den Bau von Interimsbrücken und die Reparatur der alten Übergänge etwa 86 Millionen Dollar (80,2 Mill. Euro/1,1 Mrd. S) nötig.

Rohan: Wien würde Novi Sad Brücke schenken

Die Gemeinde Wien ist nach den Worten von Außenamts-Generalsekretär Albert Rohan bereit, der serbischen Stadt Novi Sad die ehemalige provisorische Reichsbrücke als Donau-Ersatzbrücke zu schenken. Zuvor müsste Belgrad aber seiner "völkerrechtlichen Verpflichtung" nachkommen und "für die Schiffbarmachung der Donau sorgen", sagte Rohan. "Eine Verknüpfung mit dem Freimachen der Schifffahrtsrinne und dem Brückenaufbau ist unzulässig und völkerrechtswidrig", betonte der Diplomat.

Angesichts der schlechten Wirtschaftslage in Jugoslawien und der Gefahr von Überschwemmungen in Donau-Anrainerstaaten sei Österreich "bemüht, im Rahmen der Donau-Kommission von der EU-Kommission finanzielle Hilfen zu bekommen", führte Rohan weiter aus. Die Bereitschaft zu einer solchen Unterstützung habe der EU-Außenministerrat am Montag bereits beschossen. Die Kosten für die Räumung der Brückenreste und die Entminung der Brückenbereiche bezifferte Rohan mit 30 Millionen Euro (413 Mill. Schilling).

Der Wiederaufbau der ehemaligen Tito-Brücke in Novi Sad ist nach Angaben Rohans ein "humanitäres Anliegen" Österreichs, weil damit zwei getrennte Stadtteile zusammengeführt würden. Die Gemeinde Wien habe sich bereit erklärt, die ehemalige provisorische Reichsbrücke aus derzeit privatem Besitz zurückzukaufen und Novi Sad zu schenken. Zu klären seien allerdings die wesentlich höheren Kosten für Transport und Aufbau, fügte Rohan hinzu: "Der Preis dafür ist nicht vorauszusehen."

"Erpressung"

Sollte Belgrad dieses Angebot an weitere Zusagen koppeln, wäre dies als "Erpressung" abzulehnen, so der Außenamts-Generalssekretär. "Und die Belgrader Regierung muss den Leuten in Novi Sad erklären, dass sie das verhindert hat." Von seiner ursprünglichen Forderung, die Räumung der Donau mit einer Aufhebung der EU-Sanktionen zu verknüpfen, sei Belgrad offensichtlich schon abgerückt.

Dass Österreich Jugoslawien schon einmal eine Donau-Ersatzbrücke abgeboten habe, behauptete der jugoslawische Botschafter in Wien, Smiljkovic. "Nach dem Bombardement wurde uns zur Kenntnis gebracht, dass es eine provisorische Brücke von Österreich gibt. Wir wollten dieses Angebot annehmen. Und dann wurde uns gesagt, dass diese Brücke nicht gebrauchsfähig ist."

"Ein Angebot zum Wiederaufbau der Brücken könnte von niemandem abgelehnt werden", so Smiljkovic weiter. Jugoslawien brauche aber keine "Brücken für Hasen", sondern eine permanente Lösung. Sollte sich Österreich neuerlich bereit erklären, Novi Sad eine funktionsfähige Behelfsbrücke zu schenken, würde Belgrad dieses Angebot wohl kaum ablehnen, betonte auch der Presserat der jugoslawischen Botschaft, Bradic. (APA)