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Patrik Schumacher und Zaha Hadid: Modell für ein Zentrum für Gegenwartskunst in Rom

Foto: Archiv
Für Patrik Schumacher, Kurator von Latente Utopien und Partner von Zaha Hadid, , stellt sich die Frage nach Kunst oder Architektur nicht: Wichtig ist das Neue und das tatsächlich Anwendbare. S TANDARD: Sie haben die Ausstellung Latente Utopien gemeinsam mit Zaha Hadid zusammengestellt. Was soll sie können? Patrik Schumacher: Sie soll ein ästhetisches Erlebnis sein, hier soll man Architektur nicht nur über Zeichnungen oder Modelle, sondern von innen heraus erleben können. S TANDARD: Die gezeigten Gruppen sind fast alle relativ bekannt und stehen für eine ganz bestimmte avantgardistische Sicht der Architektur. Andere Sparten wurden nicht berücksichtigt. Wie haben Sie die Auswahl getroffen? Schumacher: Latente Utopien soll einen Überblick über die Haupttendenzen der gegenwärtigen Architekturszene bieten. Gezeigt wird die experimentelle Frühphase einer Stilentwicklung mit den dazu notwendigen neuen Entwurfsmedien. Wir haben eine 3D-Situation, in die auch Interaktivität und Elektronik eingeführt werden. Am Zeichentisch geht ein solches Entwerfen nicht, per Computer kann man etwa Lichtsituationen animieren und kinetische Objekte simulieren. Die Architektur entwickelt sich in Richtung einer abstrakteren, interaktiven Welt, und was wir hier sehen, sind Fragmente davon. S TANDARD: Der Besucher spielt als Raumerfahrer eine gewichtige Rolle? Schumacher: Es ist wichtig, das Publikum einzubeziehen. Die Besucher sollen Raumideen erfahren und ausprobieren. Architekten wie etwa Propeller Z spielen geradezu damit. S TANDARD: Trotzdem sind bei Ausstellungen dieser Art immer die Arbeiten der selben Architekten zu sehen. Warum? Schumacher: Es gibt nun einmal nicht viele, die in dieser Sparte arbeiten, und man kann neue Leute nicht aus der Luft greifen. Wer mit diesen Dingen beschäftigt ist, der kennt die anderen, die ähnlich entwerfen, sehr rasch alle. Ereignisse wie diese Ausstellung und das Symposium sind auch eine gute Gelegenheit für Künstler, Architekten und Designer, einander zu treffen und sich untereinander auszutauschen. Ich denke, dass diese Ausstellung repräsentativ ist für das, was da momentan international abgeht. S TANDARD: Inwieweit hat diese Art, Architektur zu machen, Niederschlag in der wirklichen, gebauten Welt? Schumacher: Leute wie Zaha Hadid und Coop Himmelb(l)au sind aufgrund ihres Alters die Ausreißer, sie zeigen aber zugleich vor, dass ihre Projekte auch gebaut werden. Alle anderen hier vertretenen Architekten sind Kinder der 90er-Jahre, und selbst sie beweisen, wie etwa Spuybroeck, MVRDV und UN-Studio, dass sie große gebaute Realitäten liefern können. Es sind darüber hinaus sehr junge Teams dabei, Leute, die unter 30 Jahre alt sind. S TANDARD: Provokant gefragt: Will die Schau eine Kunst- oder eine Architekturausstellung sein? Schumacher: Was soll's? Gezeigt wird das Experimentieren mit neuen Medien, Materialien, Formenwelten. Es passiert das Gleiche in der Architektur wie in der Kunst auch. Es handelt sich letztlich um Kunstformen, die anwendbar werden, wie etwa die städtebauliche Simulationen von Foreign Office Architects in Yokohama oder von Zaha Hadid Architects in Singapur zeigen. Es geht aber auch um das Ausprobieren von neuen Lebensgefühlen und um eine neue Phänomenologie des Alltags. S TANDARD: Ist das neu? Oder ist das nur die Übersetzung einer alten Idee in neue Medien und mit neuen Mitteln? Schumacher: Es gibt die Selektion und die Reproduktion, wir befinden uns in der Phase der Mutation. Die Überfülle der gezeigten Beispiele ist notwendig, um Neues, Anwendbares herausfiltern zu können. (DER STANDARD, Printausgabe, 25./26./27.10.2002)