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Imam Schamil

Foto: Archiv

Moskau – Der Konflikt um die mehrheitlich von Moslems bewohnten Teilrepublik Tschetschenien hat seine Wurzeln in einer wechselvollen und von Gewalt geprägten Geschichte. Die Russen sprechen von einem Kampf gegen den Terrorismus, die tschetschenischen Rebellen vom Kampf für ihre Unabhängigkeit, Freiheit und einen islamischen Gottesstaat.

Langer Widerstand

Seit den Zeiten Iwans des Schrecklichen (1547-84) haben die russischen Zaren versucht, das Siedlungsgebiet der Tschetschenen im Kaukasus unter ihre Kontrolle zu bringen und so das Reich nach Süden hin abzusichern. Zunächst ohne Erfolg. Erst 1859 konnten sie im so genannten ersten Kaukasuskrieg den Widerstand der von Imam Schamil geführten Tschetschenen brechen.

Der später in den Wirren der russischen Revolution gewonnenen Selbstständigkeit machte die kommunistische Sowjetunion 1920 ein Ende. Unter dem sowjetischen Diktator Josef Stalin (1922-53) litten die Tschetschenen mehr als andere Kaukasusvölker. Während des Zweiten Weltkriegs ordnete Stalin wegen ihrer angeblichen Kollaboration mit den Deutschen die Massen- Deportation von Tschetschenen nach Zentralasien an. Erst in den 1950ern wurde ihnen die Rückkehr in ihre Heimat erlaubt.

Im Exil

Wegen der Kriegswirren im 19. Jahrhundert verließen viele Tschetschenen ihr Land. Heute gibt es im Ausland größere Gruppen, u.a. in Dagestan, Inguschetien, der Türkei und Kasachstan. Bis heute hat das unbeugsame Bergvolk von jetzt schätzungsweise etwa einer Million Menschen an seiner kulturellen Eigenständigkeit und seinen kriegerischen Traditionen festgehalten. Das seit Jahrhunderten wichtigste Bindeglied im Zusammenleben sind nicht staatliche Institutionen, sondern die Familienclans. Von den "ungläubigen" Besatzern unterscheidet die Tschetschenen auch ihr strikter moslemischer Glaube, den sie im 16. Jahrhundert unter der Herrschaft der Türken angenommen haben.

Die einseitige Unabhängigkeitserklärung Tschetscheniens nach dem Zerfall der Sowjetunion 1991 hatte zwei Kriege zur Folge. Der erste endete 1996 nach fast zwei Jahren mit dem sieglosen Rückzug der russischen Armee und einem Friedensabkommen, das Autonomie und Verhandlungen über eine Unabhängigkeit in Aussicht stellte. Nach schweren Bombenanschlägen in Russland marschierten russische Truppen 1999 erneut in Tschetschenien ein, verwüsteten die Hauptstadt Grosny und brachten weite Teile des Landes zumindest tagsüber unter ihre Kontrolle. Der Partisanen-Krieg eskalierte und hat bis heute mehrere zehntausend Menschen das Leben gekostet. Ein Ende ist nicht in Sicht. (APA/dpa)