Für Nano-Forscher kann die Welt nicht klein genug sein. Wollte man eine Faser von einem Nanometer Dicke erhalten, müsste man ein Haar in 50.000 Teile spalten. Ein Millionstel Millimeter ist die Größenordnung, in der Nano-Experten denken. Die Technik aus dem Zwergenreich (griechisch "nanos" bedeutet Zwerg) soll mit schnelleren Computern, selbstreinigenden Fenstern, besseren medizinischen Implantaten und anderen revolutionären Produkten unser Leben umkrempeln.Nanotechnologie im Baumarkt "Nanotechnologie wird die Welt, wird die Gesellschaft ungeheuer verändern - ähnlich wie die Dampfmaschine oder der Computer", schwärmt der Münchner Nano-Physiker Wolfgang Heckl. Einige Anwendungen gibt es jetzt schon: In den Baumarkt-Regalen stehen bereits Dachziegel, deren Nano-beschichtete Oberflächen Schmutz ebenso weniger Halt bieten wie Moosen und Algen. Spezielle Nano-Farben an den Wänden sorgen dafür, dass sich Grafitti abwischen lassen wie Kreide von einer Tafel. Vorbild: Lotusblume Abgeschaut haben sich die Forscher dieses Kunststück von den Blattoberseiten der Lotusblumen, an deren feiner Nanostruktur Wasser ganz leicht abperlt und allen Schmutz mitnimmt. Nanoteilchen verbessern darüber hinaus auch Sonnencremes und dienen dem Kampf gegen Krebs. Zweifel bei Robotern Allzu forsche Prognosen, wie etwa von selbstständigen Nanorobotern, beurteilen die Experten jedoch skeptisch. "Es ist beispielsweise fraglich, ob es tatsächlich einmal ein Nanometer-kleines Mini-U-Boot geben wird", sagt der Biophysiker Heckl. "Das Leben hatte fast vier Milliarden Jahre Zeit für seine Erfindungen - was es da nicht gibt, wird technologisch schwierig in den Griff zu kriegen sein." Ohne die richtige Verknüpfung nützen alle Daten nichts "Zu sagen, dass ein Computer in zwei Jahrzehnten die Kapazität des menschlichen Gehirns haben wird, ist genauso sinnvoll wie die Behauptung, ein englisches Wörterbuch enthalte sämtliche Werke Shakespeares", sagt auch Christian Röthig, Geschäftsführer des Forschungszentrums für Funktionale Nanostrukturen der Universität Karlsruhe. "Ohne die richtige Verknüpfung nützen alle Daten nichts." Die Nano-Welt folgt ihren eigenen Regeln. "Eine Nanomaschine ist nicht bloß ein verkleinertes großes Ding", betont Heckl. "Man kann nicht einfach das Differenzialgetriebe eines Autos ein paar Tausend Mal kleiner bauen und schon hat man den Antrieb eines Mini-U-Boots. Federn an den Arm hängen und losfliegen, das hat schließlich auch nicht funktioniert." Unspektakulär An vielen Stellen wird die Nanotechnik ganz unspektakulär und für den Benutzer unbemerkt Einzug halten. "Es ist den Anwendern schließlich egal, was ihren Computer oder ihr Handy so klein macht", sagt Michael Decker von der Europäischen Akademie zur Erforschung von Folgen wissenschaftlich-technischer Entwicklungen in Bad Neuenahr- Ahrweiler. Wichtig für die Technologiefolgenabschätzung im Nanobereich sei dabei, die Toxikologie und die Medizin zu berücksichtigen. "Nanopartikel sind winzig klein, kommen also überall hin - zum Beispiel in die Lunge - und haben häufig stark mit anderen Molekülen reagierende Gruppen. Wir müssen untersuchen, wie gefährlich das ist", sagt Decker. Waffen So etwas lässt sich auch gezielt ausnutzen. "In der Nanotechnologie steckt Waffenpotenzial - nicht zuletzt deswegen wird sie so massiv von der US-Army gefördert", sagt der Essener Chemiker Günter Schmid. Vor wenigen Monaten erst hat die US-Armee für 50 Millionen Dollar (51,2 Mill. Euro) das "Institute for Soldier Nanotechnologies" (ISN) gegründet, das eine High-Tech-Uniform auf Nano-Basis entwickeln soll. Soldat der Zukunft Der Soldat der Zukunft soll in nanotechnologische Materialien gekleidet sein, die ihn vor Hitze, Kälte, Druckwellen und Strahlung gleichermaßen schützen. Normalerweise weich, leicht und bequem, soll sich die Nano-Rüstung im Ernstfall so sehr verhärten können, dass sie sogar Gewehrkugeln widersteht. "Die Vereinten Nationen werden Regelungen für Nano-Waffen finden müssen - ähnlich wie für Roboter-Waffen", meint Decker. (apa/Von Annett Klimpel/dpa)