Die ORF-Reform ist gründlich gescheitert. Zumindest, wie sie vor allem die ÖVP verkaufte. Der SPÖ kann man nur zugute halten, derlei nie angestrebt zu haben. Nein, es geht nicht darum, dass der ORF ein bisschen weniger Werbegeld hat, obwohl noch kein neuer Privatsender sendet. Nicht darum, dass von der Pflicht zu anspruchsvollem Programm im Hauptabend wenig übrig blieb und die Kultur über jene nächtlichen Sendeplätze aufschreit, die ihnen Generalin Monika Lindner noch in ihrer Bewerbung ersparen wollte. Nein, es geht um den Kuschelkurs mit den Medienmächtigen des Landes.Mauscheleien, Kungeleien, Deals mit News-Gruppe und Krone mussten sich die Generäle Gerhard Zeiler und danach Gerhard Weis - völlig zu Recht - vorwerfen lassen. Das neue Gesetz sollte sie unterbinden, und mit ihm wohl die neue Führung. Nichts davon ist wahr: Der Verlagsgruppe News schenkt man zum Jubiläum der Illustrierten eine ganze "Vera"-Sendung und legt noch ein "Seitenblicke"-Spezial nach. Es ist der gleiche ORF, dessen Management seit Monaten zögert, eine Dokumentation über die Kronen Zeitung anzukaufen, die nicht - wie unter Zeiler zu einem Geburtstag Hans Dichands - ein Krone-Mitarbeiter gleich selbst drehte. Eine Dokumentation, die es den Protagonisten des "Boulevardstücks" überlässt, sich und ihr Werk selbst zu decouvrieren. Das widerspricht nicht nur dem Kungeleiverbot mit Printriesen, das einer so mächtigen öffentlich-rechtlichen Anstalt selbstverständlich zu sein hat. Es widerspricht auch ihrem Programmauftrag, dessen zentraler Bestandteil Bildung ist. Ein besseres Lehrstück staatsbürgerlicher Bildung über österreichische Medien wird sich nicht finden. Wenn der ORF auslässt, wie wäre es damit als Lehrbehelf? (DER STANDARD, Printausgabe, 24.10.2002)