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ATTAC-Aktion vor der Vertretung der EU-Kommission in Wien: Eine Gruppe gestylter Börsianer spielen mit dem Erdball.

Foto: APA/Osaka Sascha
Während ATTAC in der Millionenshow vor 1,5 Millionen Zuseherinnen in eine Quizfrage verpackt wird, hält die Organisation beinahe zeitgleich erstmals Vorträge an der WU Wien, findet die Tobinsteuer Eingang in deutsche Koalitionsverhandlungen. Diesen Entwicklungen stehen dann wiederum Demonstrationshemmnisse am WEF-Gipfel in Salzburg gegenüber. Attac gilt als Aushängeschild der Bewegung, aber lässt sich diese auf einen Nenner bringen? Irene Zavarsky und Andreas Pavlic versuchen ein grobes Resumée. Eitel Wonne oder GladiatorInnenkämpfe? Dass globalisierungskritische Bewegungen diverse, höchst unterschiedliche Positionen vertreten, ein Panoptikum einer lose zusammen gewürfelten Gemeinschaft darstellen, ist kein Geheimnis. Strittigkeiten in einer Wahlheimat, die vor allem durch einen diffusen, zunächst negativ oszillierenden Oberbegriff der "Globalisierungsgegner" vorgeformt wird, werden zudem nicht unter Ausschluss der Öffentlichkeit ausgefochten. Sei es dank tendenziöser oder realitätsnaher Berichterstattung, aus Porto Allegres World Social Forum II drangen jedenfalls vor allem hitzige Gefechte über den Atlantik - kein Wunder bei 5.000 teilnehmenden Organisationen und bis zu 50.000 Individualistinnen. Eine Bewegung - viele Strömungen Entgegen aller Unkenrufe der heillosen Zerstrittenheit wird Streitkultur hier in diesem Nationen umspannenden Diskurs als konstruktives Element begriffen. Dass bei der "Bewegung der Globalisierung von unten" eine einheitliche Ideologie zu suchen, an Dummheit grenzt, konstatierte schon Maria Mies im gleichnamigen Buch. Nach Kategorien der ReformistInnen und RevolutionärInnen, NationalistInnen und AntinationalistInnen lässt sich die Bewegung unterteilen, ohne dass eindeutige Bruchlinien an Organisationsgrenzen elegant feststellbar wären. Wie also lässt sich das Ideen- und Vorgangskuddelmuddel anders als figurativ mit einem Spagat erklären? Pfade neben dem Dritten Weg Der sozialwissenschaftliche Ansatz der Phänomenerklärung sucht nach globalen Entwicklungssträngen, die hier im Aufwallen und einer ersten Eskalation in Seattle 1999 mündeten. Als ein Element der Bewegung wird eine vorangehende Lähmung "linker" Ideen in den frühen 90er Jahren herausgefiltert. Centro Sociale in Italien oder das BUKO in Deutschland verharrten zunächst gegenüber den Begleiterscheinungen des Neoliberalismus. Ab der zweiten Hälfte der 90er Jahre wurde dieser zudem von linken Vordenkern und phasenweise sozialdemokratischen Regierungen beinahe in ganz Europa mitgetragen - verstärkt nachdem 1996 Anthony Giddens den dritten Weg postulierte. Andere Pfade schlugen zunächst die Vordenker einer neuen Linie ein: Pierre Bourdieu, später Naomi Klein und Ulrich Brand, höchst unterschiedlichen Ärger formulierend. 1999 - Kulminationsjahr im Lärm Die WTO-Gründung 1995 mag Gegner auf den Plan gerufen haben, das MAI 1998 (Multilateral Agreement on Investment) war der Tropfen zuviel. In Seattle war das Fass individueller weltwirtschaftlicher Geduldsschwellen Vieler bereits übergelaufen - eine Welle, die in Genua traurige Geschichte schrieb. Das MAI wurde bis April 1998 unter Ausschluss der Öffentlichkeit in der OECD verhandelt. Unabschätzbare Folgen für die Beziehung Konzernkorporatismus - Politik verursachten internationalen Aufruhr quer durch alle Nationen und politischen Lager, bis die diplomatischen Verhandlungen im Oktober des Jahres abgebrochen wurden. Am 30. November 1999 war es dann gleich ein ganzer Gipfel der WTO, dessen Abbruch erzwungen wurde; diesmal nicht mehr von Politikern, sondern von 100.000 BürgerInnen aus aller Welt. "Summit hopping" - Gewaltgipfel und Gegengipfel Der IWF-Gipfel in Prag im September 2000, kurz nach Inauguration des Deutschen Horst Köhlers zum IWF-Chef, führte zur Evakuierung von 20.000 Stadtbewohnern mit dem Pech in der Nähe des Kongresszentrums zu wohnen, hinterließ demolierte Straßenzüge, andererseits schwere Übergriffe seitens der Exekutive. Ähnliches Aufeinanderprallen am EU-Gipfel in Göteborg, (14-16. Juni 2001). Als es bei den Kyoto-Nachverhandlungen am Petersberg bei Bonn schien, als wäre Demonstrationskultur wieder Normalität der Demokratie, wurde in Genua wenig später mit Carlo Giuliani das Gegenteil bewiesen. Dass Antiglobalisierungsgeschichte nicht nur eine der Ausschreitungen, sondern seit Gründung des World Social Forums 2001 auch eine der gepflegten Diskurse im konstruktiven Widerstreit sind, schildern Irene Zavarsky und Andreas Pavlic mit subjektiven Erfahrungen. Die Arbeit im Volltext (Anmeldung erforderlich).