Wien - Wirtschaftsminister Martin Bartenstein nennt "Feinschliff", was eine grobe Reparatur des ohne Begutachtung schnell beschlossenen privaten Pensionsvorsorgemodells sein dürfte. Denn die heimische Finanzbranche verlangt überwiegend eine Absenkung der dort vorgeschriebenen 60-prozentigen Aktienquote, um den Anlegern kostendeckend Produkte anbieten zu können. Dazu muss aber ein neues Gesetz gemacht werden. "Verordnung oder Erlass reichen dafür nicht", gesteht Bartenstein ein. Dass die Quote gesenkt werden kann, bestreitet Bartenstein nicht, im Kabinett des Finanzministers zeigt man sich dafür offen."Alle knabbern an den 60 Prozent" "Alle knabbern an den 60 Prozent", wiegelt Walter Rothensteiner, Obmann der Bundeskreditsparte in der Wirtschaftskammer und General der Raiffeisen Zentralbank (RZB), offiziell ab. Inoffiziell bestätigt aber der Großteil der Branche, dass sich ein Produkt mit 60 Prozent Aktienanteil - der noch dazu überwiegend an der Wiener Börse investiert werden muss - plus der vorgeschriebenen Kapitalgarantie für den Produktemittenten nicht kostendeckend rechnen lässt. "Wer so etwas anbietet, der zahlt die Kapitalgarantie aus der eigenen Kasse und verbucht sie als Werbeausgaben", kommentiert etwa ein Finanzmathematiker gegenüber dem STANDARD. Der Chef der Raiffeisenlandesbank Oberösterreich, Ludwig Scharinger, hatte solches angekündigt. 950 Millionen Euro Investitionsvolumen Prinzipiell wird ein derartiges Vorsorgemodell, das neben dem privaten Engagement auch die lahmende Wiener Börse fördern soll, begrüßt, erhoffen sich Banken und Versicherungen daraus ein gutes Geschäft: 1,5 Mrd. Euro sollten den Schätzungen zufolge innert zehn Jahren in solchen Produkten zustande kommen. Umgerechnet auf den Mittelzufluss an die Wiener Börse wären das 900 Mio. Euro Investitionsvolumen. Auch der Kapitalmarktbeauftragte der Regierung, Richard Schenz, begrüßt das Modell, bezeichnete aber das beschlossene Gesetz als "Schnellschuss". Produkte sollte es eigentlich schon ab Jänner 2003 geben, wesentliche Fragen, etwa ob die dann vorgeschriebene Aktienquote über die ganze Laufzeit von vorgeschriebenen zehn Jahren auch konstant gehalten werden muss, sind offen. Fixe Reste Demnach bleiben als fixe Reste des jungen Gesetzes übrig: Der Staat zahlt 180 Euro Prämie für 1800 Euro Einlage pro Jahr, und der Produktemittent muss für eine Kapitalgarantie sorgen. Diese gilt allerdings nur für die zehn Jahre der Einzahlung. Sollte in den folgenden Jahren der Auszahlung dieser Zusatzrente eine Börsenbaisse stattfinden, dann frisst diese dem Pensionisten an seinen Auszahlungen. Die Verhandlungen über den "Feinschliff", sagt Bartenstein, seien im Gange. (Karin Bauer, DER STANDARD, Printausgabe 24.9.2002)