Wien
Geburtshaus Nussdorf schließt ab Dezember seine Pforten
Geburten im "Haus der sanften Geburt" gehen aufgrund fehlenden Kassenvertrags zurück
Wien - Ab Dezember werden im Geburtshaus Nussdorf in
Wien-Döbling keine Babys mehr zur Welt gebracht. "Die Kosten sind
gestiegen, und die Auslastung stimmt nicht mehr", begründet Michael
Adam, ärztlicher Leiter und Mitbegründer des Hauses der "sanften
Geburt", die Maßnahme. Das Geburtshaus kämpfte seit Jahren um die
Anerkennung als Vertragspartner durch die heimischen Krankenkassen. Der Gedanke der 1986 gegründeten Einrichtung soll jedoch weiter
verfolgt werden: Adams Mitarbeiter entbinden die Säuglinge teilweise
schon jetzt in den Krankenhäusern Klosterneuburg und "Zum Göttlichen
Heiland" in Wien-Dornbach. Ab Dezember soll das flexible Team nur
noch in anderen Spitälern zum Einsatz kommen.
Kein Kassenvertrag
Adam bemühte sich jahrelang vergeblich um einen Kassenvertrag für
sein Haus. Da der Biedermeierhof an der Heiligenstädterstraße
rechtlich als "nicht bettenführendes Ambulatorium" gilt und
öffentliche Spitäler mittlerweile ähnliche, von der Kasse gedeckte
Geburtsmethoden anbieten, müssen Frauen für den Klinikaufenthalt
sowie die Nachbetreuung zu Hause rund 2.616 Euro hinblättern. Immer
weniger Gebärende wollten oder konnten sich die hohen Geburtskosten
in der Vergangenheit leisten.
Mediziner Adam gibt sich aber nicht geschlagen: "Wir werden die
Krankenkassen auf die Zahlung der Geburten klagen, nötigenfalls vor
dem EuGH." Durch die schwierige ökonomische Lage könnten gerade noch
die Mitarbeitergehälter der vergangenen Monate gezahlt werden. Adam,
der nach eigenen Angaben selbst knapp 55.000 Euro Honorar verloren
hat, meint: "Wir sind noch mit einem blauen Auge davongekommen."
Das Weiterarbeiten ohne fixes "Hauptquartier" bezeichnet Adam als
"Modell der Zukunft. In den USA ist das ganz normal." Die 350
Quadratmeter Ordinationsfläche an der Heiligenstädterstraße will Adam
vermieten, Geburtsberatungen und -kurse sollen dort aber weiterhin
angeboten werden.
Ganz aufgeben will Adam das Geburtshaus Nussdorf auf keinen Fall.
Der Arzt interveniert schon kräftig bei allen Parteien und hofft auf
etwas Bewegung durch die bevorstehende Nationalratswahl. Morgen
Mittwoch, den 23. Oktober, wird Präsidentengattin Margot
Löffler-Klestil das Haus inspizieren. Michael Adam: "Vielleicht hilft
uns das etwas." (APA)