Brüssel/Straßburg - Deutlich gemäßigter als ihre Parteifreunde in Wien ist die Europaabgeordnete der FPÖ, Daniela Raschhofer, in allen strittigen Fragen der Erweitertung. "Ich will auf keinen Fall die Erweiterung blockieren. Sie ist das wichtigste Projekt Europas seit Ende des Zweiten Weltkriegs. Mir geht sie nur zu rasch", erklärte Raschhofer am Dienstag im Gespräch mit dem STANDARD.Von Vetodrohungen hält die Abgeordnete des Europäischen Parlaments (EP) wenig. Dies gelte auch für die sensible Frage der Benes-Dekrete. Raschhofer verfolgt in dieser Frage eine gemeinsam Linie mit Ursula Stenzel (ÖVP) und Hannes Swoboda (SPÖ). Sie sprachen sich bei der Sitzung des EP in Straßburg für eine Erklärung der österreichischen Regierung nach dem Muster der deutsch-tschechischen Erklärung aus. Demnach sollte Österreich sein Bedauern über die Teilnahme von Österreichern und die Mitschuld an den Verbrechen der Nationalsozialisten in der früheren Tschechoslowakei zum Ausdruck bringen, wenn man eine Erklärung Prags zu den Vertreibungen der Sudetendeutschen nach dem Zweiten Weltkrieg wolle. Unabhängig davon geht die Debatte um die Dekrete im EU-Parlament weiter. Als nächsten formalen Schritt werden die Abgeordneten am 19. November ihren Bericht über die Vorbereitung Tschechiens auf die EU-Mitgliedschaft verabschieden. Darin wird auch auf die Benes-Dekrete Bezug genommen werden. Im Entwurf zu dem Bericht, zu dem es noch Änderungen geben wird, heißt es vorerst: Das Parlament "bezieht sich auf die vom EP in Auftrag gegebenen Gutachten (Frowein-Gutachten, Anm.) und unterstützt deren Kernaussagen, dass die Präsidentendekrete kein unüberbrückbares Hindernis für den EU-Beitritt Tschechiens sind, dass aber die tschechische Seite hinsichtlich des Amnestiegesetzes von 1946 eine politische Geste des Bedauerns zeigen sollte". SPÖ-Delegationsleiter Hannes Swoboda will darin den Ausdruck "unüberbrückbar" streiche. Denn es müsse klar sein, dass rein rechtlich nur mehr in den Verurteilungen in absentia Probleme bestehen. Das betreffe nur mehr vier Fälle, bei denen nicht bekannt sei, ob die verurteilten Personen noch am Leben sind. "Es dürfte kein Problem sein, dies aufzuheben", meint Swoboda. Außerdem müsse klargestellt sein, dass alle EU-Bürger nach dem Beitritt gleichgestellt sind. Ursula Stenzel (ÖVP) will hingegen das Wort "unüberbrückbar" nicht gestrichen sehen, da es den Hinweis auf Handlungsbedarf beinhalte. (ina, APA, DER STANDARD, Print-Ausgabe vom 23.10.2002)