Bagdad/Washington - Einen Tag nach Bekanntgabe einer Amnestie für fast alle Gefangenen im Irak haben am Montag zahlreiche Häftlinge ihre Gefängnisse verlassen. In Sprechchören versicherten sie Staatschef Saddam Hussein ihre Gefolgschaft und kündigten an, ihr Land im Fall eines US-Militärangriffs zu verteidigen. "Wir opfern unser Blut und unsere Seelen für Saddam", skandierten Freigelassene des Gefängnisses Abu Kreeb, rund 15 Kilometer südlich von Bagdad.Die irakische Regierung hatte am Wochenende die Amnestie erlassen für "alle, die aus politischen oder anderen Gründen inhaftiert oder verhaftet" wurden. Wie viele Häftlinge von dem Schritt betroffen sind, wurde nicht mitgeteilt. Die Amnestie gilt auch für Deserteure und zum Tode Verurteilte sowie für Bürger anderer arabischer Staaten, die im Irak inhaftiert sind. Ausgenommen seien jene, denen Spionage für Israel oder die USA angelastet werde. US-Außenminister Colin Powell bezeichnete die Amnestie als typischen Versuch Saddam Husseins, "Menschen für seine politischen Zwecke zu benutzen". Die USA wollten noch in dieser Woche eine Irak-Resolution in den UN-Sicherheitsrat bringen. Kernstück der Resolution werde die Forderung an den Irak sein, die geplanten Kontrollen der UNO-Waffeninspektoren in keiner Weise zu behindern. UNO-Generalsekretär Kofi Annan rechnete am Montag mit der Annahme einer neuen Irak-Resolution "in Kürze". General Franks in Ankara Der amerikanische General Tommy Franks, der im Falle eines Krieges gegen Irak den Oberbefehl über die US-Streitkräfte innehätte, traf indes in Ankara mit türkischen Militärs zusammen. Beide Seiten sprachen über die "militärische Zusammenarbeit und über die Entwicklungen in der Region", wie es in einer Erklärung hieß. Die Türkei ist gegen einen Irak-Krieg und verlangt von den USA eine Absage an einen eigenständigen Kurdenstaat nach einer allfälligen Militärintervention im Irak. Bereits am Wochenende wurde bekannt, dass die USA planen, bis zu 5000 irakische Regimegegner militärisch für einen Kampf gegen Saddam Hussein auszubilden. Präsident George Bush soll das Vorhaben bereits Anfang Oktober genehmigt haben. Neben der Kampftruppe plant das Pentagon laut Washington Post die Ausbildung von bis zu 10.000 Männern als Kundschafter, Berater, Dolmetscher oder Militärpolizisten. Bush habe 94,6 Mio. EURO dafür bewilligt. Die Ausbildung solle in einem nicht genannten Land außerhalb des Nahen Ostens erfolgen. ((DERSTANDARD, Printausgabe, 22.10.2002)