Inland
Ein "politisch logischer" Schulbesuch
Justizminister Böhmdorfer diskutiert über die Gefahren der EU und bekommt oft Recht
Wien - Nein, hier gehe es nicht
um Parteipolitik. Eine Wahlkampfveranstaltung? Sicher
nicht, viele seien ja noch gar
nicht wahlberechtigt, sagt Dieter Böhmdorfer. Und folgert,
es sei einfach "politisch logisch", verstärkt mit Jugendlichen zu reden. Am Mittwoch
besuchte der Justizminister
das Realgymnasium Parhamerplatz in Wien-Hernals.
Zur Diskussion kommen etwa
fünfzig Jugendliche.
Zwei Schulstunden reden
über den Jugendgerichtshof,
Drogen und Abfangjäger. Das
Hauptthema ist allerdings die
EU-Osterweiterung und ihre
Gefahren. Zufällig ein Lieblingsbereich des FP-Ministers.
Nach den ersten Fragen der
16- bis 20-jährigen Schüler ist
schnell klar: Die EU-Skepsis
ist groß. Warum denn gleich
zehn Länder auf einmal beitreten müssen - und auch so
schnell, will eine Schülerin
wissen. Die EU funktioniere ja
jetzt schon nicht, beklagt sich
eine andere später. Böhmdorfer blüht auf.
Statt Verteidigen ist Wohlwollen und Lob angesagt. Da
gibt es einmal ein "Das stimmt
hundertprozentig" und ein
"Das sehe ich auch so". Und es
gibt sehr viel FPÖ: Die Übergangsfristen seien "mit absoluter Sicherheit zu kurz". In
sechs der zehn Kandidatenländer gebe es große Problem
mit Korruption. Und überhaupt: EU-Kritik dürfe nicht
als Europa-Feindlichkeit ausgelegt werden.
Den Versuch eines Mädchens, etwas Positives bei der
Erweiterung zu finden, etwa
die Chancen für die Wirtschaft, kontert der Minister
mit: "Eh, die wird einfach aus
Österreich abwandern."
Ganz auf seiner Seite weiß
Böhmdorfer die Schüler auch
in der Frage des Jugendgerichtshofes. Zur Unterstützung hat er Informationsbroschüren sowie Fotos von den
Zellen im Jugendgericht und
den neuen in der Justizanstalt
Josefstadt mitgebracht. Das sei
wie ein "Fünfsternehotel" angelegt, erklärt er. Den jugendlichen Straftätern gehe es
vielleicht zu gut, meint daraufhin eine Schülerin. Das
geht dann aber auch Böhmdorfer zu weit, denn "eine Haft
ist sicher nicht angenehm".
Weitaus schwieriger hat es
Böhmdorfer beim Thema Drogen. "Warum sind weiche
Drogen verboten und Alkohol
nicht?", will jemand von ihm
wissen. Auch wenn "jeder
Rausch einer zu viel ist", seien
weiche Drogen so genannte
Einstiegsdrogen, meint Böhmdorfer.
Überzeugen kann der Minister nicht, daher lädt er ein:
Man könne sich vorort, etwa
in einer Drogenstation, selbst
ein Bild machen. Die FPÖ sei
gegen die Freigabe von weichen Drogen. Außerdem sei es
doch auch ein Zeichen, dass
dies bei der Wahlwerbung der
Grünen auch keine Rolle mehr
spiele. Das ernüchternde Fazit
einer Schülerin: "14-Jährige
wollen probieren. Da ist ein
Rausch normal." (Peter Mayr/DER STANDARD, Printausgabe, 22.10.2002)