Finanzen & Börse
Schwache Konjunktur erzwingt bald EZB-Zinssenkung
Umfrage: Fast ein Drittel der befragten Volkswirte erwartet US-Zinssenkung schon für 6. November
Berlin - Sorgen die Notenbanken nach dem Abflauen der
Wachstumsdynamik in den USA und in Euroland für geldpolitischen
Rückenwind? Wie eine Umfrage des Anlegermagazins "Börse Online"
(Ausgabe 24. Oktober 2002) unter 30 Chefvolkswirten deutscher und
internationaler Banken ergab, sind die Meinungen dazu geteilt. 29
Prozent der Befragten erwarten, dass es bei der Tagung der
amerikanischen Notenbank Fed am 6. November zu einer Zinssenkung
kommt, zehn Prozent rechnen mit einem geldpolitischen Impuls bis zum
Jahresende. Die Mehrzahl der befragten Experten geht davon aus, dass
Fed-Chairman Alan Greenspan die Zielrate auf dem Niveau von 1,75
Prozent halten wird. Für Euroland sieht die Mehrzahl der
Chefvolkswirte auf Grund der wirtschaftlichen Lage eine Zinssenkung
als unumgänglich, nur der Zeitpunkt scheint bisher noch fraglich: Nur
21 Prozent der Ökonomen glauben, dass schon die Sitzung der
Europäischen Zentralbank (EZB) am 7. November eine Entscheidung über
eine Reduzierung des Refinanzierungsansatzes von derzeit 3,25 Prozent
bringen wird.
Überzeugt von Lockerung der geldpolitischen
Von einer Lockerung der geldpolitischen Zügel durch die EZB bis
Jänner 2003 sind demgegenüber 61 Prozent der Befragten überzeugt. An
zwei Zinsschritte glaubt Ulrich Ramm, Chefvolkswirt der Commerzbank
in Frankfurt: Die EZB werde Zinsschritte von jeweils 0,25
Prozentpunkten vor Jahresende und im Frühjahr 2003 beschließen.
"Die sehr schwache Konjunktur in Euroland wird eine Zinssenkung
erzwingen", sagte Ian Stewart, Europa-Volkswirt von Merrill Lynch in
London, "Börse Online". Stewart prognostiziert nur 0,6 Prozent
Wachstum für den Euroraum für das laufende Jahr und liegt damit knapp
unter der Durchschnittsprognose, die von 0,86 Prozent Wachstum
ausgeht.
Für 2003 haben die Chefvolkswirte ihre Schätzungen deutlich nach
unten korrigiert: Das durchschnittliche Plus von 1,87 Prozent bleibt
weit hinter der Dynamik der 1990er-Jahre von rund 2,5 Prozent zurück.(APA/vwd)