Berlin - Die EU-Kommission rechnet nach Informationen der "Berliner Zeitung" fest mit einem Verfahren gegen Deutschland wegen Missachtung der Euro-Stabilitätskriterien. Die Äußerung von Kommissionspräsident Romano Prodi, der Stabilitätspakt sei zu starr und deshalb "dumm", signalisiere keine Kehrtwende, meldete das Blatt in seiner Montagsausgabe unter Berufung auf Kreise der Brüsseler Behörde. Auch künftig würden die europäischen Währungshüter unnachsichtig gegen Haushaltssünder in der Euro-Zone vorgehen. Wegen einer drastischen Ausweitung der Neuverschuldung um mindestens zwölf Milliarden Euro wird die Bundesrepublik dieses Jahr das Defizit-Kriterium nicht schaffen. Erlaubt sind drei Prozent des Bruttoinlandsprodukts. Ein Verfahren kann mit einer Geldstrafe in Milliardenhöhe enden. Nach "Spiegel"-Informationen geht Finanzminister Hans Eichel von bis zu 3,5 Prozent Defizit aus. Für nächstes Jahr habe Eichel EU-Finanzkommissar Pedro Solbes 2,5 Prozent zugesagt. Eichels Ministerium sprach von Spekulationen. Rot-Grünes-Sparpaket Trotz schwieriger Ausgangslage halte es die EU-Kommission für möglich, dass Deutschland die Grenze 2003 einhalte, schrieb die "Berliner Zeitung". Ein Kommissionsvertreter habe erklärt, das ergebe sich aus der vorläufigen Bewertung des rot-grünen Koalitionsvertrages und der Berliner Sparankündigungen. Die dort vereinbarten Maßnahmen zur Ausgabenkürzung und zur Streichung von Steuersubventionen würden insgesamt rund ein Prozent des deutschen Bruttoinlandsprodukts ausmachen. Allerdings sei die Zustimmung des Bundesrates noch nicht in allen Punkten sicher. "Wenn dieses Paket durchkommt, mache ich mir um das Jahr 2003 keine Sorgen", zitierte das Blatt den Kommissionsvertreter. Die positive Einschätzung des Koalitionsvertrags sei auch der Grund, warum sich Währungskommissar Solbes bisher mit öffentlicher Kritik an der deutschen Haushaltspolitik zurückgehalten habe. Das rot-grüne Sparpaket gehe deutlich über die Brüsseler Mindestanforderungen hinaus: Die EU-Kommission und die meisten Finanzminister der Euro-Zone hätten sich bisher nur darauf geeinigt, dass Defizite um 0,5 Prozentpunkte im Jahr zurückgeführt werden müssten. "Die 0,5 Prozent sind allerdings nur das Minimum", heißt es demnach in Kommissionskreisen. "Bei besonders hohem Defizit, besonders hohem Schuldenstand oder bei gutem Wachstum sollten die Konsolidierungsschritte größer ausfallen."(APA)