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foto: archiv
Auf den ersten Blick sieht sie ja mehr aus wie ein Japanischer Zierapfel, die grün-rötliche Frucht in der Größe einer Weintraube. Aber spätestens beim ersten Biss weiß man: Es ist eine Mini-Kiwi. Was vor kurzem von manchen Medien als "Zuchterfolg" spanischer Forscher gefeiert wurde, hat die Natur selbst schon vor langer Zeit hervorgebracht. Auch in Mitteleuropa werden die kleinen Früchte seit einigen Jahren angeboten, nur eben nicht unter dem Namen "Kiwinos", sondern unter der lateinischen Bezeichnung "Actinidia arguta". Oder auf Deutsch als Scharfzähniger Strahlengriffel, Japanische Honigbeere, Mandschurische Stachelbeere, Mini-, Kahle oder Bayern-Kiwi. Ihre natürliche Heimat liegt in Japan, Korea, Nordostchina und Sibirien, daher sind die Mini-Kiwis im Gegensatz zu ihren großen, pelzigen Schwestern extrem frosthart: Temperaturen bis zu minus 30 Grad Celsius stellen für sie kein Problem dar. Durch ihre späte Blütezeit (Ende Mai bis Mitte Juni) besteht auch kaum die Spätfrostgefahr für die reinweiß bis cremefarbenen, duftenden Blüten. Da die Mini-Kiwi üblicherweise "zweihäusig" ist, also männliche und weibliche Blüten auf zwei verschiedenen Pflanzen sitzen, ist für Bestäubung und Fruchtansatz an der weiblichen Pflanze unbedingt eine männliche nötig. Ein "Männchen" reicht aber für bis zu zehn "Weibchen". Waren Hummeln, Bienen oder Wind erfolgreich, so erscheinen (meist erst ab dem fünften Jahr nach Pflanzung) Ende September, Anfang Oktober vielsamige Früchte, die äußerlich nur wenig mit herkömmlichen Kiwis zu tun haben: Ihre Schale ist glatt und grün, ihre Größe reicht von zwei bis fünf Zentimeter. Vitaminriesen Das grasgrüne Fruchtfleisch mit den typischen schwarzen Samen darin sieht hingegen wie ein Miniaturformat der "normalen" Kiwi aus und schmeckt auch sehr ähnlich - ein bisschen süßer vielleicht, je nach Sorte mit einem Hauch von Stachelbeere oder Feige. Und "obwohl" sie auch noch gesund sind (200 bis 400 mg Vitamin C pro 100 g Frucht!), gehören Mini-Kiwis zu den Jausen-Favoriten für Kindergarten oder Schule. Leider ist das Vergnügen von kurzer Dauer: Nur zwei, drei Wochen gibt es frische Mini-Kiwis zu kaufen, dann ist die Ernte auch schon wieder vorbei, und besonders haltbar sind die reifen, weichen Beeren auch nicht. Was bleibt, sind Gelees, Marmeladen, Nektar und Saft oder auch Höherprozentiges. Selbige stellt der österreichische Mini-Kiwi-Spezialist Johannes Hummel mit seiner Frau im niederösterreichischen Loosdorf her. Seine "Weinviertler Kiwis" stammen ursprünglich aus der Mongolei bzw. einem deutschen Züchter in Weihenstephan, wo die Sorte "Weiki" vom Lehrstuhl für Obstbau der TU München in mehrjähriger Arbeit ausgelesen wurde. In ertragreichen Jahren wie etwa dem vorigen (Ernte: knapp 4000 Kilogramm) exportiert Hummel seine Mini-Kiwis sogar bis nach Frankreich - allerdings in Form von Kompott; frische Früchte sind für lange Transporte zu empfindlich. Bis nach Wien geht sich's allerdings aus, und so findet man die kleinen, grünen Vitaminbomben nicht nur auf kulinarischen Kreationen einiger Haubenköche, sondern auch in wenigen, ausgewählten Geschäften, zum Beispiel dem Klosterladen des Schottenstiftes. Für möglichst günstigen Einkauf sollte man sich selbst nach Loosdorf bemühen: Im Ab-Hof-Verkauf kostet das Kilo Mini-Kiwi sechs Euro. (Marie-Therese.Gudenus derStandard.at / DER STANDARD, Printausgabe vom 19.10.2002)