Kunst
"Bildhauerin des Wortes": Jenny Holzer mit Kaiserring ausgezeichnet
US-Künstlerin erhielt einen der weltweit wichtigsten Preise für moderne Kunst
Goslar - Die amerikanische Künstlerin Jenny Holzer hat
am Samstag den Kaiserring der niedersächsischen Stadt Goslar
erhalten. Die 52-Jährige nahm die Auszeichnung während einer
Feierstunde in der historischen Goslarer Kaiserpfalz entgegen. Holzer
sei eine "Bildhauerin des Wortes", sagte der Direktor des
Kunstmuseums Bonn, Dieter Ronte, als Vorsitzender der Jury. Mit ihrer
Kunst verbreite sie wie eine Prophetin Botschaften und bringe diese
in der Öffentlichkeit ins Gespräch. Die nahe New York lebende Künstlern beunruhigt seit Ende der 1970-
er Jahren mit ihren diversen Textprojektionen die Kunstszene. In
Stein gemeißelt oder als laufende Schriftbänder verbreitet sie ihre
Botschaften über Tod, Krieg, Gewalt, Liebe, Wahrheit oder Wahnsinn,
wobei sie sich auch moderner Kommunikationsmittel wie TV und Internet
bedient.
Binsenwahrheiten
Holzer werde nicht nur innerhalb des speziellen Kunstraumes aktiv,
sagte Ronte. In den USA zeigte die Künstlerin schon früh auf
Plakaten, Häuserwänden oder mit Neonreklamen so genannte "Truisms" -
Binsenwahrheiten wie zum Beispiel "Politik dient Privatinteressen".
Auf der Bienale in Venedig präsentierte sie Anfang der 90er Jahre
visuell-verbale Sprachinstallationen, und am Berliner
Reichstagsgebäude installierte sie 1999 auf einer Stele digitale
Leuchtschriftbänder mit den Reden von Reichstags- und
Bundestagsabgeordneten aus der Zeit von 1871 bis 1992.
Jenny Holzer verbanne ihre Kunst nicht ins Atelier, wo nur wenige
hinkommen, sagte Ronte. "Sie agiert in Städten, an den Fassaden, in
den Nischen, in den Kirchen, in Museen". Auch im Mönchehaus-Museum
für moderne Kunst in Goslar hat die Künstlerin agiert. Dort ist seit
Samstag eine Ausstellung mit Arbeiten der Kaiserring-Trägerin zu
sehen.
Der Kaiserring, der seit 1975 jährlich verliehen wird, ist einer
der weltweit wichtigsten Preise für moderne Kunst. Zu den bisherigen
Preisträgern gehören unter anderem Max Ernst, Joseph Beuys, Anselm
Kiefer, Georg Baslitz, Christo, Rebecca Horn und Cy Twombly. (APA/dpa)