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Tschanigraben - Manches Mal wünscht sich Johann Simitz mehr Widerspruch oder wenigstens eine Mehrheit, die nicht ganz so überwältigend wäre. Denn zuweilen kehrt Langeweile ein ins Gemeindeparlament von Tschanigraben, das zu 100 Prozent mit SPÖ-Mandataren besetzt ist. Dann tröstet sich Bürgermeister Simitz mit einer allfälligen innerparteilichen Opposition, "da wird schon heftig diskutiert". Ein Ersatz für eine wirkliche Opposition ist das freilich nicht. Vom faden Wahlkampf ganz zu schweigen. Am 6. Oktober ist Johann Simitz wieder eindrucksvoll bestätigt worden. Das hat allerdings niemand anders erwartet, immerhin war seine SPÖ die einzige kandidierende Partei. Dass aber die 67 Einwohner des südburgenländischen Tschanigraben ausschließich Rote wären, schließt Johann Simitz aus. Immerhin kam seine Partei bei den Landtagswahlen 2000 auf bloß 76,6 Prozent, ein sattes Minus von 5,62 Prozent, also immerhin einer Stimme. Bei den Nationalratswahlen 1999 lag das Ergebnis gar nur bei 75,6 Prozent. Tschanigraben, im Schatten der Güssinger Festung, ist dennoch Alfred Gusenbauers feste Burg. Zwar ist er im laufenden Wahlkampf noch nicht dort gewesen, aber das kann ja noch kommen. Verpflegung sollte er dann aber mitnehmen, denn in Tschanigraben gibt es weder eine Greißlerei noch ein Wirtshaus, und das Gemeindebudget "bewegt sich in einer Größenordnung wie bei einem Sportverein", berechnet der Bürgermeister. Dafür leben hier "neun Hunde, die ich natürlich alle namentlich kenne". Ein Problem aber hat Tschanigraben schon. Hinterm Dorf verläuft die Grenze. Drüben haben sie ein riesiges Revier für valutenschwere Jäger zusammengepachtet. Und eingezäunt. Und weil das Tschanigrabener Gemeindegebiet wie eine Bucht nach Ungarn ragt, "sind wir von einem neuen Eisernen Vorhang umgeben". Johann Simitz kämpft mit Verve, aber bislang erfolglos, dagegen an. Wenn Gusenbauer kommt, sollte er also Wolfgang Petritsch mitnehmen. (Wolfgang Weisgram/DER STANDARD, Printausgabe, 19/20.10.2002)