Tropfen tanzen durch die Dunkelheit. Zu sanften Reggae-Rhythmen formen sie ein Wasserstrahl-Ballett, und nur der Titel des Videos, "Es war Nacht, es war kalt, und wir hatten viel getrunken", lässt ahnen, worum es geht. Die Arbeit der deutschen Künstlerin Rosemarie Trockel ist eine der radikaleren Interpretationen des Themas "Wasser", das seit 1996 von der Firma Dornbracht in Auftrag gegeben wird.

*Foto für das Dornbracht-Projekt "Statements" von Daniel Josefson.

Foto: Dornbracht/Statements

Noch ein paar Resultate aus dieser Vorgabe: Eine rosafarbene, sci-fi-hafte, cremige Flüssigkeit verformt sich unter elektronischer Musik und kleinen Flugobjekten; Fotografen explorieren Kitschbadewelten, Unterwasserbläschen aus verfremdender Extremnähe oder Models in computergeneriertem Badeschaum ; der Modemacher Bernhard Willhelm häkelt die Utensilien eines Waschraum aus Lurex- und Wollfäden nach; und der Autor Benjamin von Stuckrad-Barre schließt sich in ein Hotelbadezimmer ein, um sich zu einem Text inspirieren zu lassen. Fast alles kann in den Arbeiten vorkommen, zu denen Künstler international seit 1996 eingeladen werden, und eines muss keineswegs vorkommen: die Produkte der Armaturenfabrik Aloys F. Dornbracht GmbH & Co.KG im westfälische Iserlohn.

*Foto für das Dornbracht-Projekt "Statements" von Nick Knight

Foto: Dornbracht/Statements

"Wir reichern unsere Marke an", sagt der 43-jährige Andreas Dornbracht, "und entwickeln für sie eine kulturelle Kompetenz." Andere Unternehmer sagen Ähnliches, doch bei der Firma Dornbracht steckt, betrachtet man ihre Entwicklung, eine besondere Berechtigung dahinter.

*Foto: Unternehmer Andreas Dornbracht.

Foto: Dornbracht

1950 von Großvater Aloys gegründet, wurde zunächst das Nötigste gefertigt: simple Wasserausläufe und Hähne. Bis in die Siebziger war Dornbracht ein Anbieter wie etliche andere auch: Standard-Sortiment, ein gewisser Exportmarkt - und dann die erste Design-Idee: "2000" hieß 1968 die ungewöhnliche Lösung, den Auslauf wie eine kleine Fontäne von Waschtisch oder Badewanne emporschießen und einen Bogen nach unten formen zu lassen.

*MADISON von Dornbracht

Foto: Dornbracht/Fotograf: Sigurd Kranendonk

Eine Zeitlang probierte das Unternehmen den Spagat, geriet schließlich in eine Durststrecke: "Das war die Folge des rasanten Wachstums in den Achtzigern. Wir wechselten vom Standard- zum Premium-Markt und konnten das enorme Wachstum nicht verkraften." Schließlich entschieden sich die Armateure zur radikalen Reduktion von 12.000 auf 4.000 verschiedene Artikel. Sie verschrieben sich der Endfertigung, einer ausgefuchsten Logistik, die auch Sonderwünsche in wenigen Tagen zum Versand bringen kann - und dem Design

* Foto: META.02, Sieger Design

Foto: Dornbracht/Thomas Popinger

An diesem Punkt wird die Beschäftigung mit den Ritualen der Reinigung relevant. Ein international tätiges Unternehmen kommt da auf einige interessante Unterschiede: "Zum Beispiel", so Andreas Dornbracht, "dass man in Japan kein Bewusstsein davon hatte, dass Armaturen überhaupt eine Produktgruppe sind." Traditionell gab es sie entweder gar nicht oder als anonym mitgelieferten Teil des Bades. In den arabischen Ländern hingegen lege man gerade Wert auf opulente, wiedererkennbare Utensilien. Und in den Vereinigten Staaten sei man die längste Zeit billige, nicht immer taugliche, dafür sofort lieferbare Ware gewohnt gewesen.

Grafik: Dornbracht

"Alle können wir auch nicht bedienen", schränkt Markting-Chef Holger Struck ein, "aber wir konnten mit unserer Produktpalette zumindest ein Bedürfnis nach klug konstruierten Produkten mit ästhetischem Mehrwert wecken und befriedigen." Etwa mit Modellen, die mit Kristallelementen von Swarovski oder handgemalten Meissner-Porzellan-Motiven versehen sind; mit der klassischen "Madison"-Linie, Stil spätes 19. Jahrhundert; mit verschiedenen Varianten der späten Moderne, die in den Achtzigern auch gerne bunt ausgeliefert wurden.

* Foto: "Belle de Jour" mit Meissen-Porzellan von "Sieger-Design"

Foto: Dornbracht

Am prägnantesten aber hat sich Dornbracht mit der Linie "Tara" etabliert. Der ideale Sinn und Zweck von Armaturen ließe sich nicht besser in eine Form überführen: zugleich reduziert und ausgewogen, die idealtypische Schnittstelle zwischen Wasservorrat und Benutzer, die Tradition von Bauhaus in sich verkörpernd. Tara ist das Meisterwerk von Sieger Design, einem 25-Mann-Betrieb, mit dessen Entwürfen Dornbracht mittlerweile fast zwei Drittel seines Umsatzes macht.

* Foto: TARA von Dornbracht

Fotograf: Sigurd Kranendonk / Dornbracht

Wenn Imitation eine Form der Höflichkeit ist, dann sind einige Mitbewerber sehr höflich geworden. Tara-artige Produktlinien wurden in der letzten Zeit lanciert und mit entsprechendem Mehrwert aufgeladen - "Neu, aber jetzt schon ein Klassiker" lautete kürzlich eine Werbung für eine Waschtischarmatur, die man auf ersten Blick Dornbracht zuschreiben würde. Aber, wie der Firmenchef sagt, "die Grenze zwischen Inspiration und Imitation ist schwer zu ziehen, auch juristisch".

Foto: Dornbracht

Da hilft es, sich noch stärker als kulturbewusste Marke ins Bewusstsein der Leute zu bringen. Neben den Statements unterstützt Dornbracht die so genannten Installation Projects mit dem Kölnischen Kunstverein und betreibt weitere Kunst-und Kultursponsorings. Eine europaweit gezeigte Retrospektive von Alessandro Mendinis Arbeiten kam mit Hilfe der Iserlohner zustande, auch beim deutschen Pavillon der venezianischen Biennalen 1999 und 2001 standen sie, ganz ohne Armaturen, zur Seite.

Foto: Dornbracht

Und bezeichnend für die netzwerkartige, informelle, letztlich aber umwegrentable Politik des Unternehmens war die Unterstützung des Medienkünstlers Fabrizio Plessi bei seinen video-skulpturellen Installationen im Guggenheim SoHo 1998. Eigentlich zufällig zustande gekommen - weil der ursprüngliche Sponsor ausgefallen war und Andreas Dornbracht einen Freund des Künstlers kannte -, entwickelte sich daraus ein guter Draht zur New Yorker Szene "Eines Abends sind wir dann dort mit dem New Yorker Architekten Adam Tihany an einem Tisch gesessen und ins Gespräch gekommen. Eineinhalb Jahre später rief er an und sagte, ich fand das toll, was ihr damals gemacht habt, und ich hab gerade einen Auftrag für ein neues Mandarin Hotel: Lasst uns zusammenarbeiten!

Foto: Dornbarcht-Statements

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Dornbracht

Statements

DER STANDARD/Michael Freund/rondo/18.10.2002

Foto: Dornbracht

Tropfen tanzen durch die Dunkelheit. Zu sanften Reggae-Rhythmen formen sie ein Wasserstrahl-Ballett, und nur der Titel des Videos, "Es war Nacht, es war kalt, und wir hatten viel getrunken", lässt ahnen, worum es geht. Die Arbeit der deutschen Künstlerin Rosemarie Trockel ist eine der radikaleren Interpretationen des Themas "Wasser", das seit 1996 von der Firma Dornbracht in Auftrag gegeben wird.

Noch ein paar Resultate aus dieser Vorgabe: Eine rosafarbene, sci-fi-hafte, cremige Flüssigkeit verformt sich unter elektronischer Musik und kleinen Flugobjekten; Fotografen explorieren Kitschbadewelten, Unterwasserbläschen aus verfremdender Extremnähe oder Models in computergeneriertem Badeschaum ; der Modemacher Bernhard Willhelm häkelt die Utensilien eines Waschraum aus Lurex- und Wollfäden nach; und der Autor Benjamin von Stuckrad-Barre schließt sich in ein Hotelbadezimmer ein, um sich zu einem Text inspirieren zu lassen. Fast alles kann in den Arbeiten vorkommen, zu denen Künstler international seit 1996 eingeladen werden, und eines muss keineswegs vorkommen: die Produkte der Armaturenfabrik Aloys F. Dornbracht GmbH & Co.KG im westfälische Iserlohn.

"Wir reichern unsere Marke an", sagt der 43-jährige Andreas Dornbracht, "und entwickeln für sie eine kulturelle Kompetenz." Andere Unternehmer sagen Ähnliches, doch bei der Firma Dornbracht steckt, betrachtet man ihre Entwicklung, eine besondere Berechtigung dahinter.

1950 von Großvater Aloys gegründet, wurde zunächst das Nötigste gefertigt: simple Wasserausläufe und Hähne. Bis in die Siebziger war Dornbracht ein Anbieter wie etliche andere auch: Standard-Sortiment, ein gewisser Exportmarkt - und dann die erste Design-Idee: "2000" hieß 1968 die ungewöhnliche Lösung, den Auslauf wie eine kleine Fontäne von Waschtisch oder Badewanne emporschießen und einen Bogen nach unten formen zu lassen.

Eine Zeitlang probierte das Unternehmen den Spagat, geriet schließlich in eine Durststrecke: "Das war die Folge des rasanten Wachstums in den Achtzigern. Wir wechselten vom Standard- zum Premium-Markt und konnten das enorme Wachstum nicht verkraften." Schließlich entschieden sich die Armateure zur radikalen Reduktion von 12.000 auf 4.000 verschiedene Artikel. Sie verschrieben sich der Endfertigung, einer ausgefuchsten Logistik, die auch Sonderwünsche in wenigen Tagen zum Versand bringen kann - und dem Design.

An diesem Punkt wird die Beschäftigung mit den Ritualen der Reinigung relevant. Ein international tätiges Unternehmen kommt da auf einige interessante Unterschiede: "Zum Beispiel", so Andreas Dornbracht, "dass man in Japan kein Bewusstsein davon hatte, dass Armaturen überhaupt eine Produktgruppe sind." Traditionell gab es sie entweder gar nicht oder als anonym mitgelieferten Teil des Bades. In den arabischen Ländern hingegen lege man gerade Wert auf opulente, wiedererkennbare Utensilien. Und in den Vereinigten Staaten sei man die längste Zeit billige, nicht immer taugliche, dafür sofort lieferbare Ware gewohnt gewesen.

"Alle können wir auch nicht bedienen", schränkt Markting-Chef Holger Struck ein, "aber wir konnten mit unserer Produktpalette zumindest ein Bedürfnis nach klug konstruierten Produkten mit ästhetischem Mehrwert wecken und befriedigen." Etwa mit Modellen, die mit Kristallelementen von Swarovski oder handgemalten Meissner-Porzellan-Motiven versehen sind; mit der klassischen "Madison"-Linie, Stil spätes 19. Jahrhundert; mit verschiedenen Varianten der späten Moderne, die in den Achtzigern auch gerne bunt ausgeliefert wurden.

Am prägnantesten aber hat sich Dornbracht mit der Linie "Tara" etabliert. Der ideale Sinn und Zweck von Armaturen ließe sich nicht besser in eine Form überführen: zugleich reduziert und ausgewogen, die idealtypische Schnittstelle zwischen Wasservorrat und Benutzer, die Tradition von Bauhaus in sich verkörpernd. Tara ist das Meisterwerk von Sieger Design, einem 25-Mann-Betrieb, mit dessen Entwürfen Dornbracht mittlerweile fast zwei Drittel seines Umsatzes macht.

Wenn Imitation eine Form der Höflichkeit ist, dann sind einige Mitbewerber sehr höflich geworden. Tara-artige Produktlinien wurden in der letzten Zeit lanciert und mit entsprechendem Mehrwert aufgeladen - "Neu, aber jetzt schon ein Klassiker" lautete kürzlich eine Werbung für eine Waschtischarmatur, die man auf ersten Blick Dornbracht zuschreiben würde. Aber, wie der Firmenchef sagt, "die Grenze zwischen Inspiration und Imitation ist schwer zu ziehen, auch juristisch".

Da hilft es, sich noch stärker als kulturbewusste Marke ins Bewusstsein der Leute zu bringen. Neben den Statements unterstützt Dornbracht die so genannten Installation Projects mit dem Kölnischen Kunstverein und betreibt weitere Kunst-und Kultursponsorings. Eine europaweit gezeigte Retrospektive von Alessandro Mendinis Arbeiten kam mit Hilfe der Iserlohner zustande, auch beim deutschen Pavillon der venezianischen Biennalen 1999 und 2001 standen sie, ganz ohne Armaturen, zur Seite.

Und bezeichnend für die netzwerkartige, informelle, letztlich aber umwegrentable Politik des Unternehmens war die Unterstützung des Medienkünstlers Fabrizio Plessi bei seinen video-skulpturellen Installationen im Guggenheim SoHo 1998. Eigentlich zufällig zustande gekommen - weil der ursprüngliche Sponsor ausgefallen war und Andreas Dornbracht einen Freund des Künstlers kannte -, entwickelte sich daraus ein guter Draht zur New Yorker Szene "Eines Abends sind wir dann dort mit dem New Yorker Architekten Adam Tihany an einem Tisch gesessen und ins Gespräch gekommen. Eineinhalb Jahre später rief er an und sagte, ich fand das toll, was ihr damals gemacht habt, und ich hab gerade einen Auftrag für ein neues Mandarin Hotel: Lasst uns zusammenarbeiten!" []
www.dornbracht.com