Wien - Am 9. November wird im Wiener Stadttempel eine Gedenkstätte für die rund 65.000 in der NS-Zeit ermordeten österreichischen Juden eingeweiht. Das Datum wurde nicht willkürlich gewählt: In der Nacht vom 9. auf 10. November 1938, die noch immer unter dem Nazi-Ausdruck "Reichskristallnacht" bekannt ist, wurden im gesamten Deutschen Reich Synagogen in Brand gesteckt, jüdische Geschäfte zerstört und jüdische Wohnungen verwüstet. In Wien wurden am 10. November 1938 insgesamt 42 Synagogen und Bethäuser zerstört, heißt es in der Einladung der Israelitischen Kultusgemeinde (IKG) Wien zum Festakt. Lediglich die von Josef Kornhäusel 1826 erbaute Synagoge in der Seitenstettengasse in Wien-Innere Stadt durfte laut Anordnung auf keinen Fall in Brand gesetzt werden. Die Begründung: ringsherum lagen die Gebäude der IKG, die wertvolles Archivgut enthielten. Nun wird in der Seitenstettengasse - konkret in einem Vorraum des Tempels - eine Gedenkstätte vor allem für jene errichtet, die keine Grabstätte fanden. Ausgangspunkt sind die im Zug eines Projekts des Dokumentationsarchivs des Österreichischen Widerstands (DÖW) ermittelten Namen der fast 65.000 österreichischen Juden, die durch die Nationalsozialisten den Tod fanden. Diese Namen werden auf schwarzen Schiefertafeln zu lesen sein, die in Buchform um eine Säule angeordnet werden, erläuterte der Amtsdirektor der IKG, Avshalom Hodik, im Gespräch mit der APA. Die Säule, die das Schicksal der Juden im 20. Jahrhundert repräsentieren soll, wird aus Granit gefertigt, ist dann unterbrochen und wird nach rund 20 Zentimetern aus Glas fortgeführt - als Form wurde für diesen zweiten Säulenteil ein Konus gewählt, wobei die nach unten zeigende Spitze den Neubeginn darstellen soll. Das Kunstwerk ist Ergebnis eines Gemeinde-internen Brainstormings. Mit dem konkreten Entwurf wurde in der Folge der Architekt Thomas Feiger beauftragt. Die Einweihung der Gedenkstätte am Abend des 9. November soll vor allem zu einem Festakt für die Gemeinde-Mitglieder werden. Die Einladungsliste umfasst - neben den Mitgliedern - daher lediglich Bundespräsident Thomas Klestil, Nationalratspräsident Heinz Fischer (S), Wiens Bürgermeister Michael Häupl (S) und Vertreter der Religionsgemeinschaften. Medienvertreter sind jedoch gerne gesehen, hieß es, um vorherige Anmeldung werde aber gebeten. Da der Tempelvorraum nicht für alle Gäste genug Platz biete, werde das Geschehen im Tempel selbst über eine Videoleinwand verfolgt werden können, kündigte Hodik an. Das Wort ergreifen werden IKG-Präsident Ariel Muzicant und Oberrabbiner Paul Chaim Eisenberg. Für die musikalische Umrahmung sorgt u.a. das Amber Trio Jerusalem.(APA)