ORF-Chefredakteur Werner Mück kommentierte Dienstag Abend in der "ZiB 1" den Abgang von "ZiB"-Anchorman Josef Broukal in die Politik. "Es ist ungewöhnlich, dass der Anchorman der Hauptnachrichtensendung des Marktführers ORF von einem Tag auf den anderen quasi die Seiten wechselt", so Mück wörtlich. Und weiter: "Bis gestern noch Berichterstatter über Wahlkämpfer und heute als Wahlkämpfer der SPÖ selbst Objekt der Berichterstattung. Gestern noch Vertreter und Repräsentant der im Gesetz vorgeschriebenen Objektivität des ORF, heute Kandidat für eine Partei und ein angestrebtes Ministeramt."

Unvereinbar

Auf die Frage, wie das zusammenpasse, würden polemische Kritiker, "die es immer schon gewusst haben wollen, dass politische Überzeugung und Objektivität unvereinbar seien", keine brauchbare Antwort geben. "Da wird politisches Kleingeld gewechselt, wider besseres Wissen und auf dem Rücken der ORF-Mitarbeiter", so Mück. "Sind also politische Meinung und objektive journalistische Arbeit unüberbrückbare Gegensätze?", fragte der ORF-Chefredakteur. Um im Anschluss zu erklären: Diese Frage könne übrigens nur an den ORF gerichtet werden, denn er sei als einziges Massenmedium des Landes per Gesetz zur Objektivität verpflichtet. Und das sei keine Last, sondern ein Gut von besonderem Wert. "Diese Verpflichtung bedeutet keineswegs, dass die hier tätigen Programm-Mitarbeiter keine politische Gesinnung haben oder gar haben dürfen", hält Mück dazu aber fest.

Die besondere Herausforderung der journalistischen Arbeit beim ORF sei eben "der tägliche Haltungsversuch, seine persönliche Überzeugung nicht in die Berichterstattung einfließen zu lassen". Tausende Kolleginnen und Kollegen würden seit Jahrzehnten den Nachweis dafür liefern, "dass diese Haltungsversuche gelingen". Beispiele wie Helmut Zilk, Franz Kreuzer und Ursula Stenzel, die ebenfalls vom ORF in die Politik gewechselt sind, würden wiederum zeigen, "dass die Objektivität der TV-Information durch deren Quereinstieg oder besser gesagt Ausstieg keinen Schaden genommen hat. Das liegt auch an den genannten Persönlichkeiten, die den ORF nie als politische Argumentationshilfe missbraucht haben". (APA)