Klosterneuburg - Eineinhalb Jahre lang scheiterte der Plan, in Klosterneuburg eine Tafel, einen Stein zum Gedenken an die von den Nazis ausgelöschte jüdische Gemeinde anzubringen oder aufzustellen. Trotz positiven Gemeinderatsbeschlusses und mit allen möglichen - und davor nicht für möglich gehaltenen - Argumenten. Nicht alle Wohnungseigentümer der zu einem Wohnhaus umgebauten ehemaligen Synagoge Ecke Kierlinger Straße/Medekgasse seien mit der Anbringung einer Tafel an "ihrer" Fassade einverstanden, wandte etwa FP-Gemeinderat Josef Plitschko ein: Eine 100-prozentige Zustimmung sei Voraussetzung. Einen darauf folgenden Kompromissvorschlag wiederum lehnte Bürgermeister Gottfried Schuf (VP)ab: Für einen Gedenkstein vor dem Haus fehle der Platz. Doch jetzt ist alles anders. Der Stein wird am 8. November enthüllt, "ein Granitblock mit weißer Marmortafel und blauer Inschrift", wie die Gedenkstein-Mitinitaitorin Martina Enzmann von der Grünen-nahen Bürgerunion (BGU) schildert. "Voller Stolz", wie sie sagt: "Zwei Jahre Kampf haben sich gelohnt." Erst im heurigen Juli, so Enzmann, sei Bewegung in die verfahrene Sache gekommen. Durch eine Radiosendung über "Desaparecidos - Geschichten von Verschwundenen und Gedenktafeln zwischen Buenos Aires und Klosterneuburg" des ORF-Redakteurs Manfred Steinhuber, die unter anderem Leon Zelmann, dem Leiter des Wiener Jewish Welcome Service, zu Ohren kam. Mit Pröll im Gespräch

"Das war eine sehr starke Diskussion. Ich habe daraufhin Landeshauptmann Erwin Pröll angerufen", erzählt Zelman. Und schildert, wie er mit Pröll näher ins Gespräch kam. Mit dem Resultat, dass übermorgen - am Donnerstag, den 17. Oktober - 110 der rund 300 Klosterneuburger "verschwundenen" Juden in ihre frühere Heimatstadt zurückkehren werden. Für ein paar Stunden, zu einer Feier im Stadtmuseum - der Landeshauptmann wird anwesend sein. Zelmann: "Die Menschen sind aus den USA, in Australien und sogar aus Brasilien zu Besuch nach Österreich gekommen." Bei diesem Anlass wird auch der Gedenkstein vorgestellt werden, für dessen Aufstellung sich der Klosterneuburger Gemeinderat noch im September ausgesprochen hat. Eine Entscheidung, die Bürgermeister Schuh nun doch "sehr erleichtert". Die zerstörte jüdische Gemeinde Klosterneuburgs sei "sehr elitär" gewesen - viele Ärzte, Rechtsanwälte, Akademiker. Ihre Zerschlagung habe der Stadt "unermesslichen Schaden zugefügt", sagt er. (Von Irene Brickner/DER STANDARD, Print-Ausgabe, 16.10.2002)