Wien - Trotz bereits erzielter großer Fortschritte für den Mittelstand sieht die Bundessparte Bank und Versicherungen in der Wirtschaftskammer (WKÖ) noch großen Handlungsbedarf in Basel und Brüssel im Vorfeld der neuen Banken-Eigenkapitalregeln (Basel II) zur Vergabe von Unternehmenskrediten. Vor allem bei den derzeit diskutierten Kreditobergrenzen sei eine "Dynamisierung" erforderlich, so Geschäftsführer Herbert Pichler am Dienstag vor Journalisten in Wien. Erleichterungen gegenüber den früheren Entwürfen für "Basel II" für Klein- und Mittelbetriebe (KMU) bestätigte auch Bundesbank-Direktor Gerhard Hofmann, der für Deutschland die Verhandlungen in Basel führt. Damit könnten zum jetzigen Verhandlungsstand bereits viele Bedenken der Unternehmer und der Kreditwirtschaft ausgeräumt werden. Für einige Mitglieder im Basler Ausschuss gehen die Ausnahmeregelungen für KMU sogar zu weit, so Hofmann. Daher habe man sich auch zu einer Mittelstandsstudie entschlossen, die die Auswirkungen auf KMU im Vorfeld von Basel II untersuchen soll. Eigenkapitalvorschriften im Durchschnitt nicht erhöhen Es sei erklärtes Ziel des Basler Ausschusses, die Eigenkapitalvorschriften im Durchschnitt nicht zu erhöhen, betonte Hofmann in Richtung kritischer Stimmen aus dem Mittelstand. Für Kredite an kleine Firmen seien nun geringere Risikogewichte vorgesehen. KMU, deren Kredite 1 Mill. Euro nicht übersteigen, sollen wie Privatkunden behandelt, deren Darlehen bei den Banken dem "Retail-Portfeuille" zugerechnet werden (75 Prozent Risikogewicht). Forderungen an Unternehmen mit weniger als 50 Mill. Euro Jahresumsatz seien im neu gefassten Ansatz im Vergleich zum bisherigen Ansatz um bis zu 20 Prozent und durchschnittlich 10 Prozent geringer zu unterlegen. Die Berücksichtigung des operationalen Risikos dürfe aber auch zu keine höheren Eigenkapitalbelastung führen, forderte Pichler. Auch eine Benachteiligung von langfristigen Krediten konnte ausverhandelt werden. So können nationale Bankenaufsichten - verbindlich für alle Banken des Landes - inländische Unternehmen mit einer Bilanzsumme und einem Jahresumsatz von weniger als 500 Mill. Euro von der Berücksichtigung der Restlaufzeitanpassung (Zuschläge für Kredite mit mehr als 2,5 Jahren Laufzeit) befreit werden, erläuterte Hofmann. Deutschland werde dieses Wahlrecht nutzen, Österreich will laut Pichler warten, wie sich Brüssel entscheidet. Das Thema "Langfristkredite" bleibe jedenfalls weiter aufrecht, zumal in Österreich viele Unternehmen im Wohnbaubereich und im Tourismus betroffen sein werden. Weitergehende Anerkennung banküblicher Sicherheiten Pichler sprach sich zudem für eine weitergehende Anerkennung banküblicher Sicherheiten zur Risikominimierung sowie Vereinfachungen bei der Offenlegung aus. Seit Anfang Oktober werden im Rahmen der dritten "Auswirkungsstudie" (QIS 3) die Konsequenzen der neuen Basel II-Bestimmungen auf die Kreditwirtschaft und deren Konditionen errechnet. In Summe machen 300 Banken aus 50 Ländern mit, aus Österreich sollen 22 bis 24 Banken an der Studie teilnehmen, so Pichler. Um eine breite Streuung zu erreichen, werden die Banken in eine Gruppe 1 (große international tätige Institute) und eine Gruppe 2 (national oder regional tätige Banken) unterteilt. Auch Banken, die nicht offiziell an der Studie mitarbeiten, könnten die Unterlagen als "kostenlose Unterweisung in Basel II" nutzen, so Hofmann. Von den Studienergebnissen erwarten sich Pichler und Hofmann jedoch keine weitere Verzögerung bei der Umsetzung von Basel II, die für 31. Dezember 2006 geplant sei. Die schwierigen politischen Probleme seien gelöst, "Feinadjustierungen" stünden jedoch noch bevor.(APA)