Wirtschaft
Basel II : Österreichs Banken sehen noch dringenden Handlungsbedarf
Brüssel kommt immer stärker ins Spiel - Derzeit Analysephase: 300 Banken in 50 Ländern arbeiten an Auswirkungsstudie
Wien - Trotz bereits erzielter großer Fortschritte für den
Mittelstand sieht die Bundessparte Bank und Versicherungen in der
Wirtschaftskammer (WKÖ) noch großen Handlungsbedarf in Basel und
Brüssel im Vorfeld der neuen Banken-Eigenkapitalregeln (Basel II) zur
Vergabe von Unternehmenskrediten. Vor allem bei den derzeit
diskutierten Kreditobergrenzen sei eine "Dynamisierung" erforderlich,
so Geschäftsführer Herbert Pichler am Dienstag vor Journalisten in
Wien. Erleichterungen gegenüber den früheren Entwürfen für "Basel II"
für Klein- und Mittelbetriebe (KMU) bestätigte auch
Bundesbank-Direktor Gerhard Hofmann, der für Deutschland die
Verhandlungen in Basel führt. Damit könnten zum jetzigen
Verhandlungsstand bereits viele Bedenken der Unternehmer und der
Kreditwirtschaft ausgeräumt werden. Für einige Mitglieder im Basler
Ausschuss gehen die Ausnahmeregelungen für KMU sogar zu weit, so
Hofmann. Daher habe man sich auch zu einer Mittelstandsstudie
entschlossen, die die Auswirkungen auf KMU im Vorfeld von Basel II
untersuchen soll.
Eigenkapitalvorschriften im Durchschnitt nicht erhöhen
Es sei erklärtes Ziel des Basler Ausschusses, die
Eigenkapitalvorschriften im Durchschnitt nicht zu erhöhen, betonte
Hofmann in Richtung kritischer Stimmen aus dem Mittelstand. Für
Kredite an kleine Firmen seien nun geringere Risikogewichte
vorgesehen. KMU, deren Kredite 1 Mill. Euro nicht übersteigen, sollen
wie Privatkunden behandelt, deren Darlehen bei den Banken dem
"Retail-Portfeuille" zugerechnet werden (75 Prozent Risikogewicht).
Forderungen an Unternehmen mit weniger als 50 Mill. Euro Jahresumsatz
seien im neu gefassten Ansatz im Vergleich zum bisherigen Ansatz um
bis zu 20 Prozent und durchschnittlich 10 Prozent geringer zu
unterlegen. Die Berücksichtigung des operationalen Risikos dürfe aber
auch zu keine höheren Eigenkapitalbelastung führen, forderte Pichler.
Auch eine Benachteiligung von langfristigen Krediten konnte
ausverhandelt werden. So können nationale Bankenaufsichten -
verbindlich für alle Banken des Landes - inländische Unternehmen mit
einer Bilanzsumme und einem Jahresumsatz von weniger als 500 Mill.
Euro von der Berücksichtigung der Restlaufzeitanpassung (Zuschläge
für Kredite mit mehr als 2,5 Jahren Laufzeit) befreit werden,
erläuterte Hofmann. Deutschland werde dieses Wahlrecht nutzen,
Österreich will laut Pichler warten, wie sich Brüssel entscheidet.
Das Thema "Langfristkredite" bleibe jedenfalls weiter aufrecht, zumal
in Österreich viele Unternehmen im Wohnbaubereich und im Tourismus
betroffen sein werden.
Weitergehende Anerkennung banküblicher Sicherheiten
Pichler sprach sich zudem für eine weitergehende Anerkennung
banküblicher Sicherheiten zur Risikominimierung sowie Vereinfachungen
bei der Offenlegung aus.
Seit Anfang Oktober werden im Rahmen der dritten
"Auswirkungsstudie" (QIS 3) die Konsequenzen der neuen Basel
II-Bestimmungen auf die Kreditwirtschaft und deren Konditionen
errechnet. In Summe machen 300 Banken aus 50 Ländern mit, aus
Österreich sollen 22 bis 24 Banken an der Studie teilnehmen, so
Pichler. Um eine breite Streuung zu erreichen, werden die Banken in
eine Gruppe 1 (große international tätige Institute) und eine Gruppe
2 (national oder regional tätige Banken) unterteilt. Auch Banken, die
nicht offiziell an der Studie mitarbeiten, könnten die Unterlagen als
"kostenlose Unterweisung in Basel II" nutzen, so Hofmann.
Von den Studienergebnissen erwarten sich Pichler und Hofmann
jedoch keine weitere Verzögerung bei der Umsetzung von Basel II, die
für 31. Dezember 2006 geplant sei. Die schwierigen politischen
Probleme seien gelöst, "Feinadjustierungen" stünden jedoch noch
bevor.(APA)