Josef Broukal im Falter-Interview über das "Machtverständnis von Kreiskys Buberlpartie"

foto: standard/cremer
Wien - Die Wiener Stadtzeitung "Falter" bringt in ihrer am Mittwoch erscheinenden Ausgabe ein Interview mit dem neuen SPÖ-Quereinsteiger Josef Broukal. In Gusenbauers "Kabinett des Lichts" will er den Wissenschaftsminister übernehmen und kehrt so dem ORF nach 27 Jahren den Rücken. Bis Montag wusste man im ORF noch nichts von Broukals Entscheidung. Das Interview musste heimlich "im letzten Winkerl" der ORF-Kantine durchgeführt werden. Ob Broukal den ORF für immer verlassen wird sei noch unklar: "In der EDV zu arbeiten, ist ein geheimer Lebenstraum von mir." Broukal meint zu seiner neuen Position als Politiker: "Ich weiß, worauf ich mich einlasse. Heute auf der Straße haben mich noch alle Leute freundlich gegrüßt, morgen wird es nur mehr die Hälfte sein. Ja, es ist eine grobe Verschlechterung der Lebensqualität. Aber wenn man, so wie ich, 27 Jahre lang innenpolitischer Journalist war und dann die Gelegenheit bekommt, auf die andere Seite zu wechseln, dann ist das eine Auszeichnung. Ich wollte immer schon nicht nur kritisieren und beobachten, sondern auch gestalten. Ich habe so Herzklopfen, als wär´ ich frisch verliebt." Die Beschimpfungen von Ex-FPÖ-Klubchef Peter Westenthaler (er hatte Broukal als "Parteisoldaten" bezeichnet und ihm vorgeworfen ein "offizieller Befehlsempfänger von Rot-Schwarz" zu sein") hält Broukal für "lächerlich". Er sein nicht einmal Mitglied der SPÖ. Über die Äre von "Zeiler und Rudas" meint Broukal, es sei "zweifellos" schlimmer gewesen unter einer roten Regierung zu arbeiten als unter Schwarzblau. Die nachfolgende Ära Weis habe er als große Erleichterung erlebt. Kollege Hans Besenböck hätte bei Zeiler, der ihm vorher jahrelang als Pressereferent von Fred Sinowatz in den Ohren gelegen war, drei Monate lang keinen Termin bekommen. Schuld daran, dass die Roten jene schlechter behandelten, die sich nicht als Parteisoldaten gerieren wollen, sei das "Machtverständnis von Kreiskys Buberlpartei" gewesen. Burschen, die mit 25 Ministersekretäre waren, hätten sich selbst überschätzt.Unter Gusenbauer hätte sich die SPÖ jedoch verändert. Er habe sich ein Gedankengebäude zurechtgelegt, das die alten sozialdemokratischen Werte auf zeitgemäße Weise anpacke.

Broukal bestätigt im Falter-Interview erneut, dass er Ambitionen für einen Ministerposten habe, es hänge jedoch vom Wahlergebnis ab. (red)