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Foto: Reuters/Prammer

Fast 30 Jahre war Josef Broukal für den ORF tätig, nun wechselt er die Seiten und steigt für die SPÖ in den politischen Ring. Die Fernsehzuschauer erlebten den 55-Jährigen in den vergangenen Jahren vor allem als Präsentator der "Zeit im Bild 1" sowie des ORF-Wissenschaftsmagazins "Modern Times". Wahlen waren auch schon in der Vergangenheit sein Metier, führte er doch viele Jahre lang durch die ORF-Wahlsendungen. Immer wieder wurde er bei Umfragen für TV-Zeitschriften und Zeitungen zum Publikumsliebling der ORF-Information gewählt. Für die FPÖ war Broukal dagegen ein rotes Tuch, und Angriffe der Freiheitlichen auf den ORF-Star sorgten immer wieder für Kontroversen.

Der am 9. November 1946 geborene Wiener war ab 1970 freiberuflicher Lektor des Molden Verlages und danach Beitragsgestalter und Texter der Austria Wochenschau. Nach seiner Tätigkeit als Leitender Sekretär für Öffentlichkeitsarbeit der SPÖ-Niederösterreich stieg er 1974 als Redakteur im ORF-Landesstudio Niederösterreich ein.

"ZiB" und "Modern Times"

Redakteur und Moderator der "Zeit im Bild 2"-Vorläufersendung, Chef vom Dienst der Innenpolitik und Chefredakteur des Aktuellen Dienstes Fernsehen waren einige von Broukals Stationen auf der ORF-Karriereleiter. Die "Zeit im Bild 1" präsentierte er seit 1994, ab 1995 brachte er in "Modern Times" News aus Wissenschaft und Forschung unter das Fernseh-Volk. 1997 lehnte er ein Angebot des damaligen Bundeskanzlers Viktor Klima (S) zu einem Wechsel in dessen Kabinett ab. Sein Know-how als Computer-Experte sollte er im Jahr 1999 nach dem Willen Klimas auch als "Y2K"-Experte einbringen – nach Protesten von ÖVP und FPÖ aber nahm er von diesem Engagement Abstand.

Auf Broukal eingeschossen

Vor allem die FPÖ schoss sich in den vergangenen zehn Jahren immer wieder auf Broukal ein. Ein gerichtliches Nachspiel hatte ein Interview mit dem damaligen FPÖ-Chef Jörg Haider im Jahr 1991 im Rahmen der Sondersendung zur Wiener Landtagswahl. Broukal sagte damals: "Vielleicht sollten Sie noch wissen, ich gehe seit einem Jahr im 6. Bezirk spazieren. Seit Ihre Wahlkampagne begonnen hat, steht dort auf jeder Parkbank 'Ausländer raus' und auf einigen das Hakenkreuz. Herzlichen Dank." Ein Gerichtsverfahren endete mit einem Vergleich zwischen Broukal und Haider.

1997 war wieder Aufregung in FPÖ-Reihen angesagt. Anlass war diesmal ein Interview Broukals mit dem damaligen Kärntner Wirtschaftsreferenten Karl-Heinz Grasser im "Report". In der Folge wurde Broukal vom "Report" abgezogen, was zu einer Welle von Protesten führte. Broukal selbst kommentierte die wiederholten Turbulenzen mitunter gelassen: Er habe längst aufgehört, den Versuch zu unternehmen, die Ausführungen von FPÖ-Klubobmann Peter Westenthaler verstehen zu wollen, sagte er etwa im Jahr 1999. Vielmehr nehme er Westenthaler "zur Kenntnis wie das Wetter" – Sager, wie sie der Politiker Broukal möglicherweise künftig öfter brauchen wird.

Ministeramt nicht ausgeschlossen

ZiB-Moderator Josef Broukal wird auf Platz neun der Bundesliste der SPÖ für den Nationalrat kandidieren. Das bedeutet ein sicheres Mandat, 1999 sind zehn SPÖ-Mandatare über die Bundesliste in den Nationalrat eingezogen. Nicht ausgeschlossen hat Broukal am Dienstag in der Pressekonferenz mit Alfred Gusenbauer, dass er bei einer Regierungsbeteiligung der SPÖ auch Minister werden könnte.

Verbleib im Aktuellen Dienst ausgeschlossen

Über seine weitere Zukunft im ORF erklärte Broukal, dass der Verbleib im Aktuellen Dienst ausgeschlossen sei. Die ZiB habe er Montagabend zum letzten Mal moderiert, für Dienstag springt Cornelia Vospernik ein. Er hofft, dass der ORF ihm seinen "Lebenstraum" einer führenden Funktion in der EDV erfüllt. "Wenn sich nichts findet, wird man sich in Freundschaft trennen."

Dass er jetzt wieder für die SPÖ antritt, von der er sich 1985 – wegen der Affäre Frischenschlager-Reder – getrennt hatte, erklärte Broukal mit den Worten: "Es ist die SPÖ des Alfred Gusenbauer, die für Menschen wie Petritsch und mich interessant ist, weil sie eine Zukunftsperspektive bildet, die Österreich nach diesen zwei verlorenen Jahren braucht." (APA/red)