Alter Wein in neuen Schläuchen:

So wirkte "offen gesagt", das Sonntagabend erstmals über den Bildschirm flimmerte. "Betrifft" war ja schon vor geraumer Zeit von der ORF-Führung versenkt worden. Der seinerzeitige Chef und Hauptmoderator Johannes Fischer war erklärtermaßen kein Liebling der jetzigen Noch-Regierung.

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Das Rezept blieb offenbar das alte,

auch wenn das Ganze als "hochkarätige Diskussionsrunde" vermarktet wurde: Wenn die handelnden Politiker nicht kommen wollen, dann müssen eben Experten und Betroffene miteinander - am Sonntag über das heikle Thema Asyl - diskutieren. Ronald Barazon, den Moderator, kennt man ebenfalls schon aus früheren Diskussionsrunden.

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Das Ganze findet jetzt in einem mäßig originellen Studio

mit etwas zu knalligen Hintergrundfarben - Blitzblau und Orange - statt. Vielleicht hat das Design aber einen geheimen Zusatznutzen und soll den Zuseher vor dem unweigerlichen Dämmerschlaf retten, der sich zu dieser Stunde gern einstellt. Früher, da war alles besser, heißt es immer wieder. Auch in diesem Fall. Früher, in diesem Fall: der "Club 2". Der legendäre "Club 2". Legendär wohl auch, weil es das erste Sendeformat des ORF war, in dem relevante Themen aus Gesellschaft und Politik diskutiert wurden. Und Unterhaltung wurde damals wichtiger genommen als tagespolitische Brisanz.

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Dem "Club 2" folgten andere Formate,

zuletzt war es "Betrifft" im noblen Rahmen des Haas-Hauses. "Offen gesagt" ist die nahtlose Fortsetzung, nur fehlt der Ausblick auf den nächtlichen Stephansdom. Abgesehen davon ist die neue Sendung nicht besser oder schlechter. Statt origineller Location hat man sich in den designten ORF-Bunker am Küniglberg zurückgezogen.

Moderator Barazon erledigt seinen Job routiniert, er fragt bewusst naiv nach, um klare, schlüssige Antworten zu bekommen. Die gibt es bei einem derart komplizierten Thema natürlich nicht. So musste er am Schluss einräumen: "Lösungen haben wir leider keine gefunden." Wer hätte die erwartet? (völ/DER STANDARD, Printausgabe vom 15.10.2002)

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