Protest gegen Arbeitsmarkt-Reformen und Stellenabbau bei Fiat - Regierung Berlusconi unter Druck
Andreas Feichter
,
Rom - Zum zweiten Mal binnen sechs Monaten machen die
italienischen Gewerkschaften für einen Generalstreik mobil, der am
Freitag das Land lahm legen soll. In allen Unternehmen, Büros und
öffentlichen Einrichtungen ertönt das Motto "Sciopero!", das
italienische Wort für Streik und für den Gewerkschaftsverband CGIL
der Slogan für die Daueroffensive gegen die Regierung von
Ministerpräsident Silvio Berlusconi. Acht Stunden lang sollen die
Italiener die Arbeit niederlegen. Dabei dürfte es wird es unter
anderem zu erheblichen Problemen im öffentlichen Verkehr kommen. Von
9.00 bis 17.00 Uhr streiken die Eisenbahnfahrer, auch die Fluglotsen
wollen sich dem Arbeitskampf anschließen.
Ursprünglich war die Massenmobilisierung vom stärksten
italienischen Gewerkschaftsverband CGIL aus Protest gegen die von der
Regierung geplante Lockerung des Kündigungsschutzes ausgerufen
worden. Nach der dramatischen Entwicklung der Fiat-Krise, die zum
Abbau von 8.100 Arbeitsplätzen führen soll, gewann der Appell zum
Generalstreik aber eine neue Bedeutung. Die CGIL rief die Italiener
auf, sich dem Protest aus Solidarität mit der Fiat-Belegschaft
anzuschließen. Massendemonstrationen sind vor allem auf Sizilien
geplant, da die bevorstehende Sperre der Produktionswerke von Termini
Imerese bei Palermo ein harter Schlag für die bereits angeschlagene
Wirtschaft der Mittelmeerinsel bedeutet.
Die "Schwesterorganisationen" CISL und UIL haben sich dem Aufruf
zum Generalstreik nicht angeschlossen. Seit sie im vergangenen Juli
mit der Regierung Berlusconi einen umstrittenen "Pakt für Italien"
unterschrieben hatten, der Grünes Licht für einen Großteil der
Arbeitsmarktreformen des Mitte-Rechts-Kabinetts enthielt, gehen sie
einen von der CGIL getrennten Weg. Es ist daher kaum wahrscheinlich,
dass der Generalstreik den Erfolg des Arbeitskampfes vom 16. April
haben wird, dem sich laut den Gewerkschaften 13 Millionen Italiener
angeschlossen hatten.
Mit dem Generalstreik will die CGIL auch das flaue
Wirtschaftswachstum in Italien anprangern. "In keinem anderen EU-Land
ist die Kluft zwischen den wirtschaftlichen Zielen, die sich die
Regierung gesetzt hat, und dem realen Wachstum so groß. Die
italienische Wirtschaft wird bis Jahresende viel weniger als um ein
Prozent gewachsen sein. Die bisher ergriffenen Maßnahmen erwiesen
sich als vollkommen nutzlos. Auf dieser Basis sind auch die Prognosen
für 2003 mit einem Wachstum des Bruttoinlandsprodukts von 2,1 Prozent
vollkommen unzuverlässig", so CGIL-Chef Guglielmo Epifani.
Ein regelrechter Streikboom ist in diesem Jahr ausgebrochen. Die
Streikoffensive der italienischen Gewerkschaften gegen die Regierung
Berlusconi und für die Erneuerung des Arbeitsvertrags mehrerer
Berufskategorien belastet Italiens Wirtschaft immer stärker. Nach
Angaben des nationalen Statistikamts Istat gingen seit Jahresbeginn
25 Millionen Arbeitsstunden wegen unterschiedlicher Arbeitskämpfe
verloren. Im Vergleich zum selben Zeitraum im vergangenen Jahr stieg
die Zahl der verlorenen Arbeitsstunden um 475 Prozent.(APA)
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