Großbritannien unterband schwere Regierungskrise in Belfast - Schwerste Krise seit Friedensabkommen 1998
Redaktion
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London/Belfast - Die britische Unruheprovinz
Nordirland wird seit Dienstag wieder direkt aus London regiert. Die
von der britischen Regierung verfügte Suspendierung der
katholisch-protestantischen Regionalregierung und des
Regionalparlaments in Belfast trat um Mitternacht Ortszeit (1.00 Uhr
MESZ) in Kraft. Es ist seit Abschluss des Friedensabkommens von
Ostern 1998 bereits das vierte Mal, dass die weitgehend unabhängigen
politischen Institutionen Nordirlands ausgesetzt werden. Die
Suspendierung wurde diesmal zeitlich nicht begrenzt.
"Atempause"
Der britische Nordirlandminister John Reid sagte am Montag, mit
der Suspendierung soll Katholiken und Protestanten eine "Atempause"
gegeben werden, um das gegenseitige Vertrauen wieder herzustellen.
Beobachter werten die jüngste Krise der gemischt-konfessionellen
Allparteienregierung als schwerste seit ihrem Bestehen. In den
britischen Medien wurde spekuliert, dass die Aussetzung diesmal ein
Jahr oder noch länger dauern könnte. Im nächsten Juni waren in der
Provinz Neuwahlen geplant.
Streit um Regierungsbeteiligung der Sinn Fein
Die politische Situation in der Provinz war wegen des anhaltenden
Streits um die Regierungsbeteiligung der katholischen Partei Sinn
Fein in eine totale Sackgasse geraten. Sie eskalierte zur Krise, als
die Polizei bei Durchsuchungen der Parteibüros von Sinn Fein Anfang
Oktober angebliche Beweise über einen "Spionagering" fand. Die
Partei, die als politischer Arm der Untergrundorganisation IRA gilt,
soll danach "im Auftrag der IRA" das britische Nordirland-Ministerium
in Belfast monatelang ausspioniert haben.
Trimble drohte mit Rücktritt
Wegen des Skandals hatte Regierungschef David Trimble für diesen
Dienstag seinen Rücktritt angedroht, falls die beiden Sinn
Fein-Minister nicht aus der Regionalregierung ausgeschlossen würden.
Um ein völliges Auseinanderbrechen der nordirischen Institutionen zu
vermeiden, griff London deshalb erneut zum im Friedensabkommen
vorgesehenen Mittel der Suspendierung. Dies erlaubt den formellen
Fortbestand der Regionalregierung, während die Verwaltung bis auf
weiteres von britischen Beamten übernommen wird. Das Personal des
britischen Nordirland-Ministeriums wird um 50 Prozent aufgestockt.
Das im Juli 1998 konstituierte nordirische Parlament und die seit
Dezember 1999 arbeitende Regierung waren erstmals im Februar 2000 für
drei Monate ausgesetzt worden. Im August und September 2001 stellte
London die beiden Institutionen für jeweils 24 Stunden unter seine
Direktverwaltung, um ein Auseinanderbrechen zu verhindern.(APA/dpa)
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