Europa
Temelin: Nullvariante wird ausgelagert
Molterer: Tschechien will Verpflichtungen "auf Punkt und Beistrich" erfüllen - Scharfe Kritik von SPÖ und Grünen
Vranov/Wien - Über die so genannte "Nullvariante" im
Zusammenhang mit dem tschechischen AKW Temelin soll künftig im Rahmen
einer wissenschaftlichen Arbeitsgruppe diskutiert werden. Darauf
einigten sich der tschechische Außenminister Cyril Svoboda und
Umweltminister Wilhelm Molterer am Samstag bei einem Treffen im
südmährischen Vranov. Molterer zeigte sich laut einer Aussendung vom
Sonntag zufrieden über die Bestätigung Svobodas, dass Tschechien die
Abkommen und Melk und Brüssel zu Temelin erfüllen werde. Während die
FPÖ das Verhandlungsergebnis begrüßte, kam von SPÖ und Grünen scharfe
Kritik. Es sei unklug, grundsätzliche Fragen der Energiepolitik - wie die
Abschaltung des AKW Temelin - zum "politischen Kampf" um ein
Kraftwerk zu machen, sagte Cyril Svoboda. Stattdessen soll eine
wissenschaftliche Arbeitsgruppe zum Thema "Nachhaltige Energiepolitik
in Europa" eingesetzt werden. Molterer bezeichnete diese Vereinbarung
bei der gemeinsamen Pressekonferenz als Erfolg, da grundsätzliche
Fragen mit Blick auf die langfristige Perspektive behandelt werden
sollten: "Nachhaltigkeit bedeutet, dass langfristig keine
Sicherheitsrisiken bestehen." Österreich trete grundsätzlich für
einen Atomausstieg ein und werde diese Ansicht ebenso wie seine
Erfahrung in der Energiepolitik in die Arbeitsgruppe einbringen.
Den Beschluss des österreichischen Parlaments, der auch die
"Nullvariante", also die Abschaltung Temelins umfasst, nahm Svoboda
"zur Kenntnis". Auf die Frage, ob die "Nullvariante" für Tschechien
weiterhin kein Thema sei, antwortete er mit dem Hinweis auf die
Vereinbarungen von Melk und Brüssel, die umfangreiche
Sicherheitsmaßnahmen vorsehen. Diese werde man "auf Punkt und
Beistrich" erfüllen, aber: "Es ist unmöglich einen einzigen Schritt
zu machen, der von diesem Weg abgehen würde."
Die Ergebnisse der Arbeitsgruppe sollen nicht bindend sein.
Allerdings meinte Molterer, Politiker wären gut beraten, sich auf
seriöse Grundlagen zu verlassen. Wann die Arbeitsgruppe eingesetzt
werden soll, ist noch ebenso unklar wie ihre Zusammensetzung. Für
Molterer ist die Nullvariante damit jedenfalls immer noch "am Tisch"
- allerdings nicht begrenzt auf Temelin, sondern in breiterem Rahmen,
wie er nach der Pressekonferenz meinte.
FPÖ-Klubobmann Karl Schweitzer sagte am Sonntag in der
ORF-"Pressestunde", Molterer habe in den Verhandlungen am Samstag
"weitere Erfolge" erzielt. So sollen nicht nur die vereinbarten 28
Sicherheitspunkte erfüllt werden. Auch die Null-Option sei weiter auf
dem Tisch. "Wir werden schauen, was bei den Verhandlungen über die
Null-Variante heraus kommt." Tschechien wisse, dass für einen
Ausstieg aus Temelin nicht nur Sicherheitsgründe, sondern vor allem
auch wirtschaftliche Aspekte zählten. "Querfinanzierter Strom aus
Temelin ist in einem liberalisierten Energiemarkt nicht
unterzubringen", so Schweitzer.
SPÖ-Umweltsprecherin Ulli Sima kritisierte dagegen in einer
Aussendung am Sonntag, dass Molterer die Nullvariante "sang und
klanglos" aufgegeben habe. Auch wenn Molterer das Gegenteil betone,
so sei "mehr als klar, dass sie nicht am, sondern vom Tisch ist". Die
Arbeitsgruppe greife viel zu kurz, auch die technischen Probleme bei
Temelin seien "bei weitem nicht gelöst" worden.
Die Grüne Umweltsprecherin Eva Glawischnig sprach beim
Bundeskongress ihrer Partei am Samstag in Wien von einer "endgültigen
Bankrotterklärung" des Ministers. Es sei aber immer die Position
Österreichs gewesen, dass der Ausstieg aus Temelin stattfinde. "Das
hat Molterer aufgegeben. Das steht auch im Widerspruch zu den
Aufträgen des Nationalrats an den Umweltminister". (APA)