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Physics Update nannte es "eine noch nie dagewesene Manipulation von Materie" (Nr. 606/2002). Im Populärjargon ist von einer "Geschlechtsumwandlung von Elementarteilchen" die Rede, die Transvestiten erzeuge. Die Wirklichkeit in den Labors in Innsbruck und Garching bei München ist vielleicht weniger anschaulich, aber für die dort tätigen Quantenphysiker und ihre Kollegen weltweit durchaus aufregend: Peter Zoller (Wittgenstein-Preisträger und Leiter des vom FWF geförderten Sonderforschungsbereiches "Kontrolle und Messung von Quantensystemen"), Belen Paredes und Ignacio Cirac haben eine Methode vorgeschlagen, mit deren Hilfe sich bestimmte subatomare Partikel wie ganz andere Teilchen verhalten. Genauer: Während Fermione (wie Elektrone) dem Ausschließungsprinzip von Pauli folgen und sich in einer Gruppe immer durch bestimmte Eigenschaften unterscheiden - sei es Ort oder Spin -, kennen Bosone (wie etwa Photone) keine solchen Restriktionen. Unter bestimmten Vorausetzungen wird es zwar möglich, dass sich Fermione sozusagen paarweise zusammentun und wie Bosone verhalten. Das Umgekehrte aber - dass sich Bosone an die strengen Regeln halten, die für die anderen gelten - ist bisher nicht erreicht worden. Die Physiker möchten nun mit Hilfe eines rotierenden Bose-Einstein-Kondensats diesen Zustand herbeiführen. Und sollte dies nicht funktionieren, schlagen die Forscher ein optisches Gitter aus "Atomfallen" vor, die bei entsprechender Manipulation die erwarteten Signale produzieren würden. Die technischen Details sind äußerst komplex, die Schlussfolgerung aber kommunizierbar: ein weiterer Schritt zu einer theoretischen und experimentellen Ausleuchtung von Quantenphänomenen; in weiterer Hinsicht auch zu praktischen Anwendungen, die man heute noch nicht absehen kann. (mf/DER STANDARD, Print-Ausgabe, 12./13. 10. 2002)