München - Karies ist ansteckend: Eltern können den Erreger
Streptococcus mutans, der hauptsächlich für Karies verantwortlich
ist, auf ihre Kinder übertragen. Daher raten viele Zahnärzte davon
ab, Schnuller oder Löffel des Kindes abzuschlecken, was in keinem
Fall hygienisch ist. Außerdem sollten Eltern ihre Zähne
vorsichtshalber gut pflegen, empfiehlt Gottfried Schmalz, Professor
für Zahnmedizin an der Universität Regensburg. Denn je höher die
Bakterienzahl im Speichel der Eltern ist, desto wahrscheinlicher ist
eine Infektion.
Küssen zwischen Erwachsenen ist dagegen offenbar ungefährlich.
Denn nur Kleinkinder, bei denen sich die Mundflora erst bildet,
stecken sich an, wie Schmalz erklärt. Später sei die Zusammensetzung
der Mundflora konstant.
Übertragende Keime
Wie wichtig aber die Rolle der Ansteckung bei der Entstehung von
Karies ist, ist in der Fachwelt umstritten. Wie Professor Elmar
Hellwig von der Universität Freiburg erklärt, ist bisher
nachgewiesen, dass neben dem Karieshaupterreger Streptococcus mutans
auch Lactobazillen übertragbar sind. Auch sie können Zahnfäule
verursachen.
"Doch das sind nur zwei von über 30 Keimen, die Karies erzeugen
können", sagt Hellwig. Außerdem seien nicht allein Bakterien schuld
an den Löchern in den Zähnen. "Es gibt auch Leute, in deren Speichel
Streptococcus mutans gefunden wurde, die aber trotzdem keine Karies
haben", sagt der Arzt. Erst in einer entsprechenden Umgebung begännen
die Erreger, den Zahn anzugreifen.
Nächste Voraussetzung: Zucker
Denn Karies entsteht erst, wenn Bakterien Zucker in Säure
umwandeln, die den Zahn allmählich zerfrisst. Daher gilt eine gesunde
Ernährung und gute Zahnpflege nach wie vor als die beste Vorbeugung.
Heute können Zahnärzte testen, wie viele Laktobazillen und Erreger
vom Typ Streptococcus mutans ein Patient im Speichel hat.
Ob man daraus eine individuelle Voraussage ableiten könne, sei
aber umstritten, sagt Schmalz. Denn es sei nicht zwangsläufig, dass
Menschen mit weniger Keimen auch weniger Karies bekämen. Das sei wie
beim Gewicht: Wer übergewichtig sei, habe ein erhöhtes Risiko für
Herzinfarkt. Aber nicht jeder Übergewichtige bekomme einen Infarkt.
Daher könne man Patienten mit vielen Erregern im Speichel höchstens
raten, besonders auf Zahnpflege zu achten.
(APA)