Belgrad/Den Haag - Im Prozess gegen den früheren jugoslawischen Präsidenten Slobodan Milosevic hat am Donnerstag zum ersten Mal auch ein Belgrader Journalist ausgesagt. Dejan Anastasijevic war zum Zeitpunkt des Kriegsbeginns im früheren Jugoslawien im Jahre 1991 als freier Mitarbeiter für mehrere westliche Medien, darunter auch für die BBC und CNN tätig. Gegenwärtig arbeitet er für die Belgrader Wochenzeitschrift "Vreme". Einer von Milosevics Quasi-Verteidigern, der Niederländer Michael Wladimiroff, wurde vom UNO-Kriegsverbrecher in Den Haag wegen umstrittener Medienaussagen ausgeschlossen. Anastasijevic berichtete in seiner Aussage zuerst über die Verhältnisse in der ostkroatischen Stadt Vukovar gleich nach ihrer Eroberung durch jugoslawische Streitkräfte und serbische Milizen im November 1991. In der Stadt selbst habe er während der ersten vier Tage keinen jugoslawischen Offizier treffen können, er habe den Eindruck bekommen, dass niemand bemüht gewesen sei, die Tötungen und Plünderungen seitens serbischer Milizen zu verhindern. Der Journalist wohnte selbst keiner Hinrichtung bei, beobachtete nach eigener Schilderung jedoch, wie Gefangene von Angehörigen der serbischen Territorialverteidigung und Milizen abgeführt wurden, wonach er Schüsse gehört habe. Der Senat des UNO-Kriegsverbrechertribunals im Prozess gegen Milosevic beschloss am Donnerstag, auf die Dienste eines der drei vom Gericht beigestellten Anwälte Milosevics zu verzichten. Die Entscheidung des Tribunalssenates, wonach der niederländische Anwalt Michael Wladimiroff nicht mehr als "amicus curiae" fungieren soll, wurde mit seinen Medienaussagen begründet, die seine Unparteilichkeit in Frage stellten. Während der Sommerpause im Prozess gegen Milosevic soll Wladimiroff gegenüber dem niederländischen Blatt "Haagsche Courant" und der bulgarischen Zeitschrift "Kultura" kompromittierende Aussagen gemacht haben. Die niederländische Zeitung berichtete am 7. August unter Berufung auf Wladimiroff, dass bereits die auf Grund der Kosovo-Anklage gegen Milosevic seitens der Anklage vorgetragenen Beweise für seine Verurteilung ausreichen dürften. "Kultura" zitierte die Aussage Wladimiroffs, in der er den Prozess gegen Milosevic mit der Jagd verglichen haben soll. Wladimiroff selbst erläuterte vor dem Tribunal, dass seine Aussagen falsch interpretiert worden seien. Da sich Milosevic stets geweigert hat, selbst einen Verteidiger zu benennen (er erkennt das Tribunal nicht an, Anm.), hat ihm das Gericht drei Anwälte als "Freunde des Gerichts" (amici curiae) zur Seite gestellt, um ein faires Verfahren zu gewährleisten. Anders als Strafverteidiger sind sie keine Vertreter des Angeklagten, haben aber ähnliche Befugnisse.(APA)